Überwachung, Datenschutz, Vorratsdatenspeicherung

eröffnet von NoelGallagher am 14.12.2005 13:05 Uhr
178 Kommentare - zuletzt von FBG

178 Kommentare
« Seite 5 von 8 »
NoelGallagher
20.05.2009 12:03Supporter

Klasse Video.



Umfrage: 92 Prozent für Internetsperren gegen Kinderpornographie

(...)Erhoben wurden die Daten im Auftrag der Deutschen Kinderhilfe. Für deren Chef Georg Ehrmann bestätigt das Ergebnis laut der Zeitung Welt am Sonntag, "dass es sich bei den Unterschreibern der Online-Petition um Internetliebhaber, Blogger, im Grunde also um eine Minderheit handelt – wenn auch eine gut organisierte".(...)



Die Leute von der Kinderhilfe standen zuhauf vor der HSH Nordbank Arena vorm Bundesligaspiel am Wochenende und haben Unterschriften gesammelt mit der Frage "Sind Sie gegen Kinderpornographie oder dafür?" Smiley

Ganz großer Sport. So wird Meinung gemacht.[addsig]

Oberholzklauer
20.05.2009 16:21

Aber versuch mal einem unbedarften Internet Nutzer verständlich zu machen, dass es nicht auf Pro oder Contra KiPo zu reduzieren ist und nicht jeder der gegen Internetsperren ist gleichzeitig KiPo gut findet. Naja, Wahlkampfzeit eben. Mal schauen was die sich noch einfallen lassen.

Toll finde ich auch das Argument: "Geht wählen damit die braunen nicht davon profitieren". Wenn das der einzige Inhalt ist den man Nichtwählern entgegenbringen kann, dann Gute Nacht Deutschland Smiley[addsig]

NoelGallagher
20.05.2009 20:25Supporter



Mehr als 90% gegen Internetsperren von Kinderpornographie!



Zeit.de

Eigentlich recht lustig, wenn bei zwei Umfragen über dasselbe Thema, sogar durchgeführt von demselben Umfrageinstitut, zwei völlig konträre Ergebnisse liefern. Ich könnte allerdings kotzen, wenn ich sehe wie hier ein verdammt nochmal ernstes Thema wie Kinderpornographie von der Politik und Verbänden genutzt wird, um Internetsperren einzuführen, denen von allen Experten bescheinigt wird, dass sie das Problem nicht lösen.[addsig]

FBG
18.06.2009 14:46Supporter

Heute soll(te) das kinderporno-zensur-gesetz verabschiedet werden Smiley keine ahnung wie das aufging bzw. wie es momentan aussieht.

aber in der SPD mehren sich gott sei dank die stimmen gegen diesen gesetzentwurf und gegen die internetzensur
mehr bei spon
in einer vom CCC aufgesetzten petition haben sich bisher 150.000 leute eingetragen!!

hoffen wir das beste ...[addsig]

Baller
19.06.2009 14:37

Das Gesetz ist also durch.
Hacker haben heute aus Protest schon die Seite des Deutschen Kinderschutzbundes angegriffen.
Bin gespannt, was da noch so alles nachkommt.
Unglaublich, dass so eine Zensur in Deutschland möglich ist.
Mehr Infos und das Bild, das heute morgen auf der DKSB-Seite kam gibts hier:

zensurprotest

FBG
19.06.2009 15:13Supporter

es war klar .... diese gottverdammten h************ SmileySmileySmiley

ZENSUR VON "KILLERSPIELEN"

CDU-Politiker bekräftigt Forderung nach Ausweitung der Netz-Sperrenb


Einzig und allein zur Bekämpfung von Kinderpornografie sei das Zugangserschwerungsgesetz gemeint, beteuerten Regierungsvertreter noch in der Debatte vor der Abstimmung. Wenige Stunden später preschte ein CDU-Abgeordneter vor: Eine Ausweitung auf sogenannte Killerspiele werde "ernsthaft geprüft".

spiegel online [addsig]

StonedHammer
StonedHammer
19.06.2009 15:25Admin



FBG schrieb:

Einzig und allein zur Bekämpfung von Kinderpornografie sei das Zugangserschwerungsgesetz gemeint, beteuerten Regierungsvertreter noch in der Debatte vor der Abstimmung. Wenige Stunden später preschte ein CDU-Abgeordneter vor: Eine Ausweitung auf sogenannte Killerspiele werde "ernsthaft geprüft".




wieder mal ein klarer beweis, warum politiker die größten "legalen" lügner des landes sind! und wahlversprechenlügen einzig un allein der pr dienen nicht dem nutzen des eigentlichen.

tja.. solange man solche spacken dennoch wählt, wird sich halt nie was ändern.


[addsig]

NoelGallagher
09.07.2009 20:08Supporter



Ausweitung der Web-Sperren auf Hasspropaganda gefordert

Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, hat sich für eine Blockade auch von Hassseiten mithilfe der geplanten staatlichen Filterliste ausgesprochen. Natürlich müssten entsprechende rechtsextremistische Inhalte im Web in die inzwischen gesetzlich verankerten Sperrbemühungen des Bundeskriminalamts (BKA) gegen Kinderpornographie mit aufgenommen werden, erklärte Rose am Rand einer Konferenz gegen die Verbreitung von Hass im Internet am heutigen Donnerstag gegenüber heise online. Die Sperrung von Hass-Seiten könne nicht in einem Wort genannt werden mit Filtertätigkeiten von Diktaturen, politische Meinungen aus dem Netz zu nehmen.
(...)



Quelle: Heise Online

Das ging ja fix. Ich denke, in der nächsten Woche kommen die Film- und Musikindustrie.[addsig]

FBG
17.07.2009 10:29Supporter

Hi Ringrocker,

ich poste das ganze einfach mal hier, denn ich will keinen eigenen Wahl-Fred aufmachen (obwohls im Superwahljahr 2009 vllt. sogar sinnvoll wäre) und das ganze soll auch keine Wahlwerbung und/oder Wählergenerierung meinerseits sein.



Seit der Europawahl dürften die meisten wohl die Piratenpartei kennen. Für die, die es nicht tun, einfach mal hier kurz klicken und sich 5-10minuten Zeit zum lesen nehmen: Homepage der Piratenpartei.

Wieder so eine kleine Randpartei bzw. Scherzpartei wie die APPD o.ä. werden die meisten denken. Aber hat man das in den 70ern auch nicht von den Grünen gedacht? Umweltschutz – lol? Heute wissen wir es besser …

Eine Welt ohne Internet wird es nicht mehr geben. Nur leider die scheinen die Politiker der großen Parteien das zu ignorieren. Wählerfang mit Rentengarantie hört sich nun mal besser an, als sich Gedanken über die aktuellen Telekommuniktationsgesetze zu machen. Über 134.000 Leute haben sich in der Petition gegen das Zensur-Gesetz eingetragen – was aber leider ignoriert wurde.
Auch Leute im Bundestag, die Ahnung von der Materie haben sollten, wie z.B. meine Abgeordnete Fr. Elke Ferner (gelernte Programmierin) haben für dieses Gesetz gestimmt (abgeordnetenwatch)

Wie gesagt, ich will keinen zwingen/überzeugen/o.ä. die Piratenpartei bei der Bundestags- oder Landtagswahl zu wählen. Denn momentan geht das sowieso noch nicht. Damit diese Partei auf den Wahlzetteln steht, muss sie erst einmal zugelassen werden. Und das wird sie nur, wenn sie nachweisen kann, dass auch öffentliches Interesse daran besteht.
Wer der Meinung ist, dass diese Partei für die kommenden Bundes- und Landtagswahlen zugelassen werden sollte, kann sich bei der Seite für die Unterstützerunterschriften das entsprechende Formular runterladen.
Einen Haken hat die ganze Sache allerdings noch: Man muss das Formular nicht nur ausdrucken und ausfüllen sondern auch per Post an die Partei verschicken, was stolze 55cent kostet.

Wer möchte, kann diesen Text gerne weiterverbreiten. Nur die Anrede würde ich für das posten in anderen Foren ändern Smiley
[addsig]

StonedHammer
StonedHammer
17.07.2009 10:41Admin

also ich hab letztens bericht im fernsehn gesehn von wegen "freies internet, keine kontrolle, bzw verbote un so)

da mußt ich nur direkt dran denken, "das freut ja dann jeden kinderpornowichserfreak un die leuts mit illegalen eigenschaften".


anfangs hab ich noch gedacht köntne ja mal was cooles werden, aber des mir dann doch echt zu schwach, bzw. kann leider schnell in ne falsche richtung gehn.


[noch mehr offtopic]

ich wäre lieber mal für ne robin hood partei oder so, endlich den dicken machtsäcken und den geldgeiern den hahn abdrehn, so dass nicht hunderte von arbeitern ihren job verlieren, damit die manager sich noch 2 nullen vor des komma setzen können.. aber wirds wohl nie geben, weil alle politiker irgendwann nur noch des geldes wegen regieren wollen.

[/noch mehr offtopic]



nen superwahljahr fred wäre demnächst echt mal angebracht Smiley


FBG
17.07.2009 11:02Supporter

ach, komplett rechtsfreies internet ist natürlich auch quatsch.
aber es kann mMn nicht sein, dass erwachsene leute bevormundet werden, indem Ü18-Computerspiele & Paintball komplett verboten werden, weil 1 vollidiot amokgelaufen ist.

Zum Zensur-Gesetz wurde auch schon einiges geschrieben, wie z.b. dass jeder halbwegs versierte inet-nutzer sie umgehen kann. vorgestern hab ich gelesen, dass ein großteil der KiPo-Seiten auf deutschem webspace liegt. Warum den Provider dann nicht dazu verdonnern den quatsch zu löschen, anstatt ein stop-schild vorzuschalten.

es geht ja auch nicht nur um die PC-Spiele und die KiPo-Zensur. Fast alle unsere Telekommunikationsgesetze & Urheberechsgesetze müssen wegen den Internets geändert werden. dies ist aber nur bei einem kleinen teil geschehen, der Rest ist noch auf dem Stand der 80er.

kleines Beispiel: vor der erfindung des flugzeuges gehörte einem grundstücksbesitzer lt. gesetz alles auf seinem grundstück; auch der luftraum. irgendwann hat dann mal einer eine fluggesellschaft wegen hausfriedensbruch verklagt Smiley man stelle sich mal vor, was wäre, wenn dieses gesetzt nicht dem technischen fortschritt angepasst worden wäre.[addsig]

Topf
Topf
17.07.2009 12:46



FBG schrieb:

Wer der Meinung ist, dass diese Partei für die kommenden Bundes- und Landtagswahlen zugelassen werden sollte, kann sich bei der Seite für die Unterstützerunterschriften das entsprechende Formular runterladen.
Einen Haken hat die ganze Sache allerdings noch: Man muss das Formular nicht nur ausdrucken und ausfüllen sondern auch per Post an die Partei verschicken, was stolze 55cent kostet.


Den Aufwand kann man sich jetzt sparen:
Piratenpartei bei Wahl dabei[addsig]

blinkel
17.07.2009 12:59

So wie ich das lese nicht, Topf..



Allerdings betont der Wahlausschuss auch: "Nur Parteien, die im Bundestag oder in einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, können ihre Wahlvorschläge direkt einreichen, ohne Unterstützungsunterschriften vorlegen zu müssen." Für die Wahlvorschläge aller anderen Vereinigungen, die der Wahlausschuss als Parteien anerkannt hat, müssen dem zuständigen Landes- oder Kreiswahlausschuss eine je nach Land variierende Zahl von Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten vorgelegt werden - dies hat die Piratenpartei noch nicht in allen Bundesländern geschafft, in Nordrhein-Westfalen gibt es zudem Schwierigkeiten wegen nicht anerkannter Unterstützungsunterschriften.


http://www.heise.de/newsticker/Piratenpartei-darf-bei-Bundestagswahl-antreten--/meldung/142142

oder versteh ich das falsch?

FBG
17.07.2009 13:39Supporter

lt. der HP der piratenpartei.de


Die Anerkennung der PIRATEN als Partei zur Bundestagswahl ist ein wichtiger Schritt für die junge Vereinigung. Noch steht nicht fest, in wie vielen Ländern sie an der Wahl teilnehmen wird, da die Piraten in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, im Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch immer Unterstützerunterschriften für die Wahlzulassung sammeln. Obwohl auch Piraten aus anderen Bundesländern helfen, werden noch weitere Unterstützer benötigt. Der spätest mögliche Termin für das Abgeben der Unterschriftenformulare ist der 23. Juli.

[addsig]

NoelGallagher
04.08.2009 12:23Supporter



KJM drängt Provider zu freiwilligen Internetsperren

(...)
Beschwerden und eigene Recherchen führten zu insgesamt 330 Internet-"Prüffällen" für den Zeitraum April 2007 bis Februar 2009, bilanziert die KJM. Davon seien 160 abschließend begutachtet worden, 70 Verfahren wurden eingestellt, in "fast hundert" Fällen wurde ein Verstoß gegen den JMStV festgestellt. Dabei kümmert sich die KJM nach eigenen Angaben vermehrt auch um "entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte". Zu diesen rechnen die Medienwächter etwa "Sauf- oder Selbstmordforen, Pro-Ana-Seiten – die Magersucht teils verherrlichen – oder "problematische Kommunikationsmöglichkeiten in Social Communities".



Heise.de

Oh je, jetzt soll's auch noch den Sauf-Foren an den Kragen gehen. Nicht gut für rr.com Smiley

Und mal ernsthaft, was zur Hölle ist denn ein Sauf-Forum? Das Forum von Oktoberfest.de?[addsig]

Oberholzklauer
03.12.2009 14:06

Sehr interessantes Interview mit dem ehemaligen Innenminister Gerhart Baum


"Der Staat darf nicht alles wissen"

Ein Gespräch mit dem ehemaligen Innenminister Gerhart Baum über die Grenzen der Sicherheit und den präventiven Überwachungsstaat.

Fühlen Sie sich von diesem Staat bedroht?
Nicht generell, aber ich sehe eine Erosion der Grundrechte durch staatliche Eingriffe in meine Privatheit. Ich fühle mich durch meine ganze Lebensgeschichte dem Grundgesetz verpflichtet. Diese Demokratie ist eine Absage an jede Form von Unfreiheit und Barbarei, das ist der Gründungsmythos unserer Republik. Die Art und Weise, wie wir uns mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen - täglich, es gibt keinen Schlussstrich - stärkt diese Demokratie immer von Neuem.

Trifft das auch auf Ihre eigene Vergangenheit zu? Als Innenminister haben Sie die Sicherheitsdebatte um die RAF erlebt. Wie sehr hat Sie diese Zeit geprägt?
Die Überreaktion des Staates, die Hysterie, die damals um sich griff, die Vorstellung, wir befänden uns in einem Bürgerkrieg, das hat mich doch sehr geprägt. Ich bin allerdings nicht frei davon, an solchen Überreaktionen teilgenommen zu haben - wir mussten uns ja auch gegen weitergehende Vorschläge von Seiten der damaligen konservativen Opposition wehren. Aber ich habe dazugelernt und zum Beispiel eine Maßnahme rückgängig gemacht, die sehr viel Misstrauen zwischen den Generationen geschürt hat. Das war der sogenannte Radikalenerlass: die Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor Einstellungen im öffentlichen Dienst.

Haben Sie den Eindruck, dass sich das Verhältnis zwischen dem Staat und den Bürgern seitdem verändert hat?
Ja. Ich habe damals ein Buch verfasst mit dem schönen Titel "Der Staat auf dem Weg zum Bürger". Das war gut gemeint, in dem Sinne, dass sich der Staat dem Bürger öffnet. Heute hätte dieser Buchtitel einen beängstigenden, freiheitsgefährdenden Beigeschmack. In den vergangenen Jahrzehnten wurde das Sicherheitsdenken immer dominanter. Wer heute die Freiheit verteidigt, muss sich rechtfertigen. Eigentlich müsste es sich doch umgekehrt verhalten. Auch das Bewusstsein in der Bevölkerung hat sich geändert. Als ich Innenminister war, konnte man mit einer entschlossenen Minderheit in der Gesellschaft rechnen, die sich für die Bürgerrechte einsetzte. Ein Beispiel dafür war die Volkszählungsdebatte. Gegenüber dem doch eher harmlosen Vorhaben herrschte damals eine sehr große Skepsis, viele weigerten sich trotz Strafandrohung, daran teilzunehmen. Diese Haltung ist später einer allgemeinen Gleichgültigkeit gewichen. Wer wie ich über Jahre hinweg gegen den Übereifer des Staates gekämpft hat, stand lange Zeit ziemlich alleine da. Erst jetzt ändert sich das Klima. Die Koalitionsvereinbarung nimmt das Thema ins Visier.

Wie kann das Sicherheitsdenken eine solche Eigendynamik erhalten, dass es scheinbar nicht mehr richtig zu kontrollieren ist?
Menschen sind sehr stark sicherheitsorientiert und lassen sich dazu verführen, ihre Freiheit um der Sicherheit willen eingrenzen zu lassen. Natürlich muss der Staat soziale Sicherheit gewährleisten. Was die innere Sicherheit angeht, so ist jedoch Freiheit ohne Unsicherheit nicht zu haben. Man muss mit dem Risiko leben - im privaten wie auch im öffentlichen Bereich. Der Staat kann und muss das Risiko mindern, aber er muss auch die Grenze sehen, wo er beginnt, Grundwerte zu bedrohen. Es wäre absurd, die Werte aufzugeben, die man verteidigen will.

Mit dem "Krieg gegen den Terror" erhielt die Sicherheitsdebatte noch mal eine ganz neue Bedeutung. Welche Rolle spielt dabei die Entwicklung in den USA?
Eine sehr schlimme! Seitdem werden Angstszenarien aufgebaut. Den Menschen wird suggeriert, der Staat befände sich im Ausnahmezustand oder - jetzt auf Amerika unter der Regierung Bush bezogen - im Krieg. Nach dem 11. September 2001 nahm die Tendenz zu, Terroristen nicht mehr als Kriminelle anzusehen, die mit polizeilichen Mitteln verfolgt werden, sondern als Feinde. Ein Feind steht aber außerhalb der Gesellschaft und verdient deshalb nicht den rechtsstaatlichen Schutz, den die Gesellschaft auch dem kriminellen Täter einräumt. Dieses Feindstrafrecht ist eine große Gefahr für den liberalen Rechtsstaat. In den USA hat es die Politik der Bush-Administration bestimmt. In Deutschland gibt es eine solche Diskussion auch in der Staatsrechtslehre. Das bedeutet, dass das Grundprinzip unserer Verfassung, die Menschenwürde, das sittliche Prinzip, das die Verfassung prägt, eingeschränkt, differenziert wird. In bestimmten Situationen hält man dann Rettungsfolter für möglich - und das gegen alle eindeutigen Folterverbote im Völkerrecht. Oder Vorbeugehaft. Alles Dinge, die wir bisher im Rechtsstaat nicht kannten - bis hin zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren, was jetzt in den Koalitionsvereinbarungen ausdrücklich verworfen wurde. Damit kommen wir auf eine schiefe Bahn. Wenn Sicherheit zum Staatszweck wird, beginnt sie grenzenlos zu werden, denn ein Präventionsstaat ist unersättlich. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Meinung immer klar zurückgewiesen.

Ist das nicht eher eine Debatte unter Verfassungsrechtlern, die mit dem Alltag wenig zu tun hat?
Das ist keine theoretische Diskussion. Wir sind in eine Situation geraten, die für die Menschenrechte hochgefährlich ist. Wir verlieren, wenn wir unsere Werte zur Disposition stellen, zum Beispiel die Menschenrechte, die die amerikanische Unabhängigkeitserklärung geprägt haben. Wir gefährden unsere Glaubwürdigkeit. In Großbritannien gibt es beispielsweise zahllose Möglichkeiten für die Sicherheitsbehörden, eine Wohnung zu durchsuchen. Aus dem Land ist ein Überwachungsstaat geworden.
Diese Entwicklung wird uns natürlich vorgehalten, wenn wir weltweit für die Menschenrechte eintreten. Ich habe einmal mit dem sudanesischen Staatspräsidenten Omar al-Bashir, gegen den jetzt mit Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gefahndet wird, über die Rolle der Sicherheitspolizei in seinem Land diskutiert. Er hielt mir entgegen: "Was ist denn bei euch los? Wie weit habt ihr denn schon Habeas Corpus aufgeweicht? Was machen denn die Amerikaner in Guantánamo?"

Sind Online-Durchsuchungen oder Telefonüberwachung ein Schritt in Richtung Überwachungsstaat?
Selbstverständlich. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in 14 Urteilen Sicherheitsgesetze oder Sicherheitsmaßnahmen in den vergangenen Jahren aufgehoben oder abgeschwächt. In allen Urteilen heißt es, dass die Menschenwürde verletzt wurde, z.B. durch die Wanze in der Wohnung. Auch die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig. Die neue Koalition hat sie eingegrenzt. Ich hoffe, dass Karlsruhe sie verwirft.
Das Gericht hat in seinem Urteil zur Online-Durchsuchung, also die heimliche Durchsuchung von Computern, klar festgelegt: Der Kernbereich des Privaten muss geschützt bleiben. Der Staat darf nicht alles wissen.

Selbst wenn er dieses Wissen zur Strafverfolgung nutzen ­könnte?
Bei vielen Maßnahmen - wie etwa bei der Online-Durchsuchung - ist gar nicht erwiesen, dass man sie braucht. Ich lehne sie politisch ab. Dem Bundesverfassungsgericht ist nicht schlüssig dargelegt worden, dass diese Maßnahme wirklich nötig ist. Wenn man etwas nicht braucht, sollte man es lieber lassen. Für alle staatlichen Eingriffe gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Doch die Initiatoren solcher Gesetze benutzen lieber Totschlagargumente: Terroristen könnten Flugzeuge in Kernkraftwerke steuern. Mit solchen Szenarien wird jeder Widerspruch niedergebügelt. Mit solchen Methoden macht man letztlich, verkürzt gesagt, den Terroristen zum Gesetzgeber. Er bestimmt unsere Gesetze. Wir stehen in der Defensive und lassen uns durch ein Angstszenario vorschreiben, was wir machen müssen.

Man könnte einwenden, dass der Terrorismus sowohl seine Methoden wie auch seine Ziele geändert hat und der Staat ­darauf adäquat reagieren muss.
Dem stimme ich zu. Man kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen. Es gibt eine neue Art der Bedrohung. Natürlich muss die Gefahrenabwehr heute weit im Vorfeld Informationen sammeln. Karlsruhe hat aber immer wieder gesagt: Ins Blaue ­hinein darf nicht gefahndet werden. Wir müssen Anhaltspunkte haben. Wir können nicht völlig unbeteiligte Bürger in den Fokus staatlicher Maßnahmen nehmen. Wir müssen zwischen Verdächtigen und Unbeteiligten unterscheiden. Und diese Grenze vermischt sich immer mehr. Wir alle werden zu Risikofaktoren.

Wo würden Sie die Grenze setzen, was man noch tolerieren kann und was nicht?
Das Internet ist keine straffreie Zone. Online-Durchsuchungen betreffen den privaten Computer. Das Internet dagegen unterliegt den allgemeinen Gesetzen - auch Kinderpornografie ist und bleibt eine schwere Straftat. Kann der Staat im Internet den Zugang sperren, wie das durch die Gesetze gegen Kinderpornografie geschehen ist? Das war der erste einmalige verfassungswidrige Schritt zu einer Internetzensur. Die Koalition hat sich auf das Prinzip "Löschen statt sperren" geeinigt. Das Gesetz wurde gestoppt. Das Thema ist aber umfassender angelegt: Es geht darum, den Rechtsstaat im Netz zu behaupten und zu modernisieren, um die künftige Rolle des Urheberrechts und um die Zähmung der wirtschaftlichen Weltmacht Google und anderer Datensammlungen.

Rechtsextreme Gruppen nutzen ebenfalls das Internet, um ihre Botschaften zu verbreiten. Muss man das tolerieren?
Natürlich nicht. Wer rassistische Botschaften im Internet verbreitet, macht sich strafbar. Das bleibt auch so. Aber unser demokratischer Rechtsstaat gewährt auch Feinden der Verfassung Freiheiten. Zum Beispiel wird auch eine Demonstration einer rechtsextremistischen Gruppe durch die Polizei geschützt. Wir müssen - und das zeichnet die Stärke unserer Demokratie aus - auch mit den Feinden der Demokratie rechtsstaatlich umgehen.

Der staatliche Zugriff auf die Privatsphäre ist die eine Seite. Andererseits gibt es heute auch einen ausgeprägten Exhibitionismus, was den Umgang mit den eigenen Daten angeht.
Ja, die Situation beschreiben Sie richtig. Das Internet und das Handy verführen dazu, die Schamgrenze in Hinblick auf das Private herunterzusetzen. Dafür ist jeder Mensch aber selber verantwortlich. Er ist nicht dafür verantwortlich, wie andere mit seinen Daten umgehen. Dagegen muss er besser geschützt werden.
Wir müssen die Nutzer auch besser über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind. Ein elfjähriges Mädchen weiß nicht, dass die Informationen, die es in Facebook preisgibt, ausgewertet und missbraucht werden können. Das heißt, der Schutz beginnt durch den Selbstschutz, indem man die Benutzer aufgeklärt, dass es nicht ungefährlich ist, Informationen preiszugeben. Alle Spuren bleiben und können gegen den, der sie hinterlassen hat, verwendet werden.

Für den Missbrauch dieser Informationen sind in aller Regel private Unternehmen verantwortlich.
Das neue Datenschutzrecht, das die Koalition vereinbart hat, wird auch die Privaten einbeziehen. Ein Aspekt des Privaten ist der Arbeitnehmerdatenschutz. Die Vorfälle bei Telekom, Bahn und Lidl haben sehr viel Sensibilität geschaffen. Und jeder Fall von Datenmissbrauch, jeder Fall von Bespitzelung - Stichwort Deutsche Bank - findet eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Im Falle der Bahn ist der halbe Vorstand darüber gestolpert, über eine Million Euro Bußgeld muss gezahlt werden. Das Thema ist jedenfalls aus der Nische herausgekommen.

Sie halten auch nach dem Regierungswechsel an Ihrer Klage gegen das BKA-Gesetz fest. Sind Sie zuversichtlich, dass die Bürgerrechte künftig besser geschützt werden?
Ja. Das zeigt die Koalitionsvereinbarung und dafür steht die neue Justizministerin. Das hindert mich nicht, weiterhin gegen die Möglichkeit zur Rundumüberwachung und gegen die neue Sicherheitsarchitektur im BKA-Gesetz vorzugehen. Ich bleibe bei dem, was der Titel meines Buches "Rettet die Grundrechte" ausdrückt: Im Ganzen gesehen ist die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit nicht gewahrt. Die Verführbarkeit, in schwierigen Situationen die Verfassung nicht ernst zu nehmen − Verführung zur Unfreiheit hat Dahrendorf das genannt −, die ist immer gegeben.

Interview: Anton Landgraf

Infokasten
Gerhart Baum war von 1966 bis 1998 Mitglied im FDP-Bundesvorstand und von 1978 bis 1982 Bundesminister des Innern. 2004 brachte er zusammen mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Burkhard Hirsch vor dem Bundesverfassungsgericht den "Großen Lauschangriff" zu Fall, 2006 das Luftsicherheitsgesetz, das den Abschuss von Passagiermaschinen im Entführungsfall legalisieren sollte. Er hat außerdem Verfassungsbeschwerde gegen die heimliche Durchsuchung von Computern und das BKA-Gesetz eingelegt. Gerhart Baum ist Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Menschenrechte - Förderstiftung amnesty international. Er hat kürzlich das Buch "Rettet die Grundrechte. Bürgerrechte contra ­Sicherheitswahn - eine Streitschrift" veröffentlicht.


Quelle: Amnesty International [addsig]

Anzeige
Anzeige