Überwachung, Datenschutz, Vorratsdatenspeicherung

eröffnet von NoelGallagher am 14.12.2005 13:05 Uhr
178 Kommentare - zuletzt von FBG

NoelGallagher
14.12.2005 13:05Supporter

Vorratsdatenspeicherung
EU-Parlament beschließt massive Überwachung der Telekommunikation


Wer in einem EU-Land Anrufe tätigt, E-Mails verschickt, im Web surft oder andere Dienste im Internet nutzt, muss in Zukunft davon ausgehen, dass seine elektronischen Spuren zwischen sechs und 24 Monate lang gespeichert werden. Die bei den 450 Millionen EU-Bürgern anfallenden gigantischen Informationshalden dürfen Polizeien und Geheimdienste mit Data-Mining-Techniken auf Verknüpfungen zwischen Kommunikationspartnern hin untersuchen. Damit wird potenziell vollständig rekonstruierbar, wer wann mit wem und wie lange kommuniziert und zum Beispiel auch, wer sich wann im Internet aufgehalten hat. Jeder ist damit künftig verdächtig und potenziell im Fadenkreuz der Sicherheitsbehörden.

Die Abgeordneten haben am heutigen Mittwoch bei ihrer Plenarsitzung in Straßburg eine entsprechende EU-Richtlinie mit einem Block von Änderungsanträgen der christ- und sozialdemokratischen Fraktionen mit relativ breiter Mehrheit angenommen. Insgesamt stimmten 387 Parlamentarier für das Überwachungspaket, 204 waren dagegen. Ein Änderungsantrag der Grünen, der die Abweisung des Gesetzesvorhabens erreichen wollte, wurde mit 428 Gegenstimmen abgelehnt. Korrekturvorschläge von Christdemokraten, die eine Kostenübernahme durch den Staat vorsahen, fielen ebenfalls glatt durch. Eine 2. Lesung der Richtlinie ist damit nicht erforderlich. Der parlamentarische Berichterstatter Alexander Alvaro machte seine Drohung war und zog seinen Namen von dem abgeänderten Entwurf zurück. Der FDP-Politiker hatte sich für einen anders gelagerten Kompromiss stark gemacht, der die pauschale Bespitzelung der Bürger deutlich entschärft hätte.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß einer Einigung im EU-Rat können die Mitgliedsstaaten Telcos verpflichten, die Informationen inklusive IP-Adressen im Normalfall bis zu zwei Jahre lang vorzuhalten. Die Spitzen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokraten hatten die Ministervorlage gemäß einer vorab bei einem Hinterzimmergespräch erzielten Absprache in eigene Änderungsanträge gegossen. Ein zunächst auch von den beiden großen Fraktionen befürworteter Kompromiss aus dem Innenausschuss, der maximale Speicherfristen bis zu einem Jahr vorsah, war damit aus dem Rennen.

Die heutige Entscheidung schien wegen zahlreicher Proteste von Daten- und Verbraucherschützern, Wirtschaftsverbänden, Zeitschriftenverlegern und Journalistenverbänden gestern noch auf Messers Schneide zu stehen. Die Bürgerrechtsorganisationen "European Digital Rights"-Initiative, der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) und Privacy International hatten noch in der Nacht zum Mittwoch eine Liste mit Abstimmempfehlungen zu den wichtigsten Änderungsanträgen an die Abgeordnetenbüros verteilt. Sie verwiesen darauf, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx maximal eine einjährige Frist noch für verhältnismäßig angesehen habe. Alle von der britischen Ratspräsidentschaft angeführten Fälle für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung mit Hilfe der Datenlager hätten zudem höchstens wenige Monate alte Informationen benötigt.

Im Lauf der gestrigen Debatte hatten sich Abgeordnete quer auch durch die großen Fraktionen geteilter Meinung gezeigt. Laut der finnischen EVP-Abgeordneten Piia-Nora Kauppi dürfte es nicht sein, "dass alle in der Gesellschaft überwacht werden". Sie bezeichnete den Kompromiss als "nicht ausgewogen". Was mit "schweren Straftaten" gemeint sei, werde in dem Papier nicht definiert. Die Konservative warf die Frage auf, ob der Zugriff auf die Datenhalden etwa "auch bei Verstößen gegen das geistige Eigentumsrecht" möglich werde, wie dies die Unterhaltungsindustrie fordert. "Wir wollen Terroristen bekämpfen, aber dann werden plötzlich andere Ziele verfolgt", argwöhnte Kauppi. Ihrer Ansicht nach sind die in das Gesetz eingezogenen Grenzen "künstlich".

In einem internen Memo hatte EU-Justizkommissar Franco Frattini Ende vergangener Woche dargelegt, dass die Mitgliedsstaaten mit dem Papier aus dem Rat in Eigenregie die offiziell eingefügten Begrenzungen bei den aufzubewahrenden Datentypen und den Bedingungen für die Zugangsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden aufbrechen können. Ein Artikel der Richtlinie erlaubt offen die Festsetzung längerer Speicherfristen. Gewahrt werden müssen laut Frattini bei all diesen Abweichungen allein unklare "Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit". Das Ziel der Harmonisierung der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung im Binnenmarkt ist den Brüsseler Gesetzgebern so aus dem Blick geraten.

Die Auseinandersetzung über die Einführung von Mindestspeicherpflichten von Telekommunikationsdaten zog sich über viele Jahre hinweg. Entscheidende Vorstöße machten die europäischen Strafverfolger unterstützt von ihren Kollegen vom US-amerikanischen FBI und Geheimdiensten bereits seit Ende der 1990er in den so genannten Enfopol-Arbeitsgruppen. Zahlreiche nationale Parlamente wie der Bundestag lehnten die Vorratsdatenspeicherung immer wieder kategorisch ab. Zum Schluss ging alles rasch: Das Gesetzgebungsverfahren könnte als das schnellste aller Zeiten in die EU-Geschichte eingehen, as zwischen der Vorstellung des Richtlinienentwurfs und der entscheidenden Lesung nur drei Monate lagen. Eine ernsthafte Debatte über die pauschale Überwachung fand nicht statt.

Nun müssen voraussichtlich Gerichte klären, inwieweit die Richtlinie Bestand hat. Der irische Justizminister Michael McDowell kündigte an, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Richtlinie zu klagen. Seiner Auffassung nach muss die Entscheidung über die Maßnahme im Bereich der Inneren Sicherheit vom EU-Rat allein getroffen werden. Hierzulande ist mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zu rechnen: "Es wird grob verfassungswidrig eine flächendeckende Überwachungsinfrastruktur geschaffen", erklärte Nils Leopold aus dem Bundesvorstand der Humanistischen Union. "Die Richtlinie verstößt gegen tragende Strukturprinzipien rechtsstaatlich verfasster Staaten. Sie führt die Zweckbindung und das Übermaßverbot bei der Ausübung staatlicher Gewalt ad absurdum."

Meldung bei Heise.de

Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte.

Übrigens ein Paradebeispiel für Demokratie in Europa, denn das Gesetz wurde vom deutschen Bundestag und von fast allen europäischen Parlamenten abgelehnt. Zum Glück gibt es ja aber noch die Hintertür Europa, über die man unliebsame Ablehnungen wieder kassieren kann, schließlich müssen Europäische Gesetze ja in den Mitgliedsländern durchgesetzt werden. Und da ist das Votum des gesetzgebenden Organs in Deutschland, dem Bundestag, dann nicht mehr wichtig.[addsig]

RiotGrrrrl
14.12.2005 13:21

das gibts doch garnich


wir kommen dem gläsernen menschen immer näher, wenn wir das nich eh schon sind

[addsig]

Oberholzklauer
14.12.2005 14:36

was meinst du was mit hilfe der vielgelobten RFID technologie alles möglich ist... bewegungs- und kaufprofile sind da das kleinste übel und alles unter dem vorwand der sicherheit :roll:

RiotGrrrrl
14.12.2005 14:44

ich bin ja eh vertreterin der verschwörungstheorien


ich möcht garnich wissen, was man schon alles von uns weiß und vor allen dingen, auf welchem weg [addsig]

NoelGallagher
14.12.2005 14:45Supporter

Die PKW-Maut kommt ja bestimmt auch irgendwann. Und da Terroristen, Kinderpornographen und Raubkopierer auch Auto fahren, sollten diese Daten dann auch an staatliche Behörden weitergeleitet werden. Dann weiß der Staat nicht nur, wo man wohnt, was man verdient, mit wem man telefoniert oder sonstwie kommuniziert, wohin man fliegt, was man dabei gegessen hat, wo man Konten hat sondern auch endlich noch, wohin man mit dem Auto fährt.

Nur ein wehrhafter Staat ist ein sicherer Staat. Je mehr Überwachung, desto besser. Das Briefgeheimnis ist doch auch längst überholt. Täglich könnten sich mit Briefen Terroristen verständigen oder Raubkopien oder Kinderpornos ausgetauscht werden. [addsig]


14.12.2005 14:53

Tja Aylin. Dann wird es wohl niemals mit was mit Telefonaten zwischen uns beiden.

Bei deiner Antifa Vergangenheit ....

Man kann ja nur fragen - unter welchen Vorraussetzungen sind solche Maßnahmen gerechtfertigt ?

Also - ich sehe keine akute Bedrohung im Vater Staat. Und was bei uns schon alles etabliert worden ist in den "wilden" 70zigern ist ja auch net ohne und hat damals die gleichen Stimmen wach werden lassen die auch nun kritisieren. Und es geht immer weiter .... toll.

RiotGrrrrl
14.12.2005 14:55

Zitat:


FieserFriese schrieb:
Tja Aylin. Dann wird es wohl niemals mit was mit Telefonaten zwischen uns beiden.

Bei deiner Antifa Vergangenheit ....





PSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSSST, wer weiß, wer mitliest [addsig]

NoelGallagher
14.12.2005 14:56Supporter

Zitat:


FieserFriese schrieb:
Also - ich sehe keine akute Bedrohung im Vater Staat.


Ist das jetzt Ironie oder Ernst?

Ein kleines Beispiel für das, was passieren kann, wenn Daten vertauscht oder falsch interpretiert werden.[addsig]

RiotGrrrrl
14.12.2005 14:58

ich denke mal, jan meinte, er sieht keine akute bedrohung, die solche maßnahmen rechtfertigen würden...[addsig]


14.12.2005 15:09

Zitat:


NoelGallagher schrieb:
[quote]
Ist das jetzt Ironie oder Ernst?

Ein kleines Beispiel für das, was passieren kann, wenn Daten vertauscht oder falsch interpretiert werden.


Halbironisch.

Sagen wir so. Ich bin gut situierter Bürger. Ich geh wählen, zahle zumindest Mehrwertsteuern und blockiere wehement einen Studienplatz

Mir ist durchaus bewußt, dass der normale Bürger der seinem Alltag nachgeht getreu Gramsci " Das legale Land ist nicht das wirkliche Land ". eher der rechtschaffende Bürger ist.

Im verdeckten / halbillegalen Milieu welches die staatlichen "Überwachungsapparate" hoffentlich besser einsehen können als ich wird denke ich mal niemand so doof sein und seine nächsten illegalen Akte per eindeutig ausmachbaren Handy vereinbaren... so mit Einzelsverbindsungsnachweis auf seiner Telefonrechung,

Das da heutzutage verschärftere Maßnahmen notwendig sind die tiefer in die vermeintlichen Persönlichkeitsrechte des Einzelnen einschneiden ist leider die logische Konsequenz dessen, der mit solchen Überwachungsstrukturen halt vorgebeugt werden sollen.

Aber Noel - wenn du irgendwelche Terroristen, Verbrecher, Schläfer oder sonstirgendwen kennst, sag gerne Bescheid


14.12.2005 15:14

Also noch mal kurzzusammengefasst -

Ich weiß halt leider net was hier so abgeht in der Bundesrepublik. Also kann ich mir auch kein wirkliches Urteil darüber erlauben welche Maßnahmen zu Fahnung und Observation von verdäctigen notwendig sind um mögliche Straftaten herauszufiltern.

Ich kann nur sagen - wenn akute Bedrohungen diese Maßnahmen rechtfertigen die zwar den Verfassungsstaatlichen Organisationen bekannt - aber mir eben nicht publik gemacht werden - ouhauerha.

So bleibt mir leider nichts anderes übrig als zu sagen - Ich will keinen biometrischen Reisepass.

Mantis
14.12.2005 15:43

Irgendwann is es soweit, das jemand bei mir anruft und mir sagt, das ich ihre Zeit verschwende....

Ich habe absolut kein Verständniss für sowas...

GraveDog
14.12.2005 17:29

Zitat:


Mantis schrieb:
Irgendwann is es soweit, das jemand bei mir anruft und mir sagt, das ich ihre Zeit verschwende....




vllt musst du dann deren Lohn bezahlen

NoelGallagher
14.12.2005 19:43Supporter

Vorratsspeicherung von TK-Daten: "Privatsphäre wird zum Luxusgut"

Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker haben voller Empörung und Sorge auf den heutigen Beschluss des EU-Parlaments zur massiven Ausdehnung der Telekommunikationsüberwachung reagiert. "Was als präventive Terrorismusbekämpfung beschlossen wurde, ist nichts anderes als die Bekämpfung der freien Kommunikation", beklagt Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. Mit dem Entscheid "wird aus unserer freiheitlichen eine überwachte Informationsgesellschaft". Die neue europäische Bespitzelung ziele direkt auf die Köpfe der Menschen: "Jeder soll und muss wissen, dass jeder Kontakt per Telefon, Fax, Mobilfunk, SMS oder E-Mail, jede Nutzung des Internet langfristig gespeichert wird" und die Sicherheitsbehörden darauf zugreifen könnten. Das Telekommunikationsgeheimnis werde zur "disponiblen Masse". Die Parlamentarier hätten ein Papier abgenickt, das eine "Kapitulation der Freiheitsrechte vor vermeintlichen Sicherheitsbelangen darstellt".

Die Abgeordneten haben mit der Mehrheit von Christ- und Sozialdemokraten eine EU-Richtlinie mit einer Reihe von Änderungen abgesegnet, auf die sich die Spitzen der "großen Koalition" in Brüssel mit dem EU-Rat geeinigt hatten. Da die Minister den Plan bereits gebilligt haben, dürften sie das vom Parlament bestätigte Papier auf einer ihrer letzten Ratssitzungen im Dezember ohne Diskussion durchwinken. Die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben, die eine Aufzeichnung der elektronischen Spuren der Bürger für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten vorsehen, dann innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will sich dabei für die Mindestspeicherfrist stark machen, während Innenminister von Bund und Ländern zwölf Monate bevorzugen. Prinzipiell geht es bei der beschlossenen Überwachung um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die beim Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.

Scharfe Töne schlägt Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, angesichts des Votums an. "Mit der Begründung, Terroristen zu jagen, speichert man jetzt nutzlose Daten auf Kosten der Industrie, wo doch die bestehenden Regelungen nach Aussagen der Polizei bereits für 90 Prozent der Fälle ausgereicht haben", wettert der Providervertreter. Er stellt sich bereits vor, wie der erste Zugangsanbieter seine Daten "auf Anforderung ausgedruckt per Möbelwagen anliefert". Die Behörden hätten schließlich weder Rechner noch Leitungen, um auch nur einen Bruchteil des geforderten Bitverkehrs abwickeln zu können. George Orwells Visionen eines "1984" hält Rotert für einen "Stummfilm" im Vergleich zu den jetzt abgesegneten Überwachungsplänen, durch welche ganz Europa durch eine "Sammelwut ähnlich der Stasi vereint" werde.

Die europäischen Dachverbände EuroISPA, GSM Europe, ECCA, ECTA und ETNO konstatieren enttäuscht, dass die beschlossene Linie der europäischen Kommunikationsindustrie "eine signifikante Bürde" auferlege. Die größten E-Mail-Provider säßen aber in den USA, sodass Kriminelle die Regeln leicht umgehen könnten. Die Vereinigungen sehen die Wettbewerbskraft der europäischen Anbieter geschwächt, zumal die Richtlinie den Mitgliedstaaten zahlreiche Adaptionsmöglichkeiten biete und die Binnenmarktharmonisierung unterlaufen werde. Da die Entscheidung über eine Kostenerstattung den Regierungen vorbehalten bleibe, müssten diese letztlich nicht einmal die Proportionalität bei ihren Anforderungen wahren.

Laute Kritik übt auch Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder: "Das Parlament hat die Chance vertan, seine eigenständige Bedeutung neben dem Ministerrat bei der Gesetzgebung mit Leben zu füllen", wittert er "Erpressung" in Brüssel. Der Lobbyist appelliert an die Bundesregierung, "die Unternehmen in Deutschland für die Speicherung in vollem Umfang zu entschädigen". Proteste hagelt es ferner vom Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur (FFII): "Von heute an werden alle EU-Bürger wie gemeine Kriminelle behandelt", erklärte dessen Präsident Pieter Hintjens. Vorstandsmitglied Harmut Pilch fügte an, dass der Gesetzgebungsprozess in Brüssel künftig noch frühzeitiger ernsthaft begleitet werden müsse. Dies gelte insbesondere für die zweite Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, "die jeden Patentverletzer in einen Kriminellen zu verwandeln droht".

Auch im EU-Parlament selbst zeigt sich weiter Unmut: Die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger bemängelt eine "Scheinlösung". Diese werde "weder helfen, den Terrorismus zu bekämpfen, noch die Bürgerrechte angemessen schützen". Außerdem werde es wegen der fehlenden Kostenerstattung zu einer Marktbereinigung unter den Providern kommen. Hierzulande gab die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, zu bedenken, dass die Privatsphäre mit dem Beschluss "auch in Deutschland immer mehr zum Luxusgut wird". Ihre Partei lehne die Vorratsdatenspeicherung entschieden ab und werde dies im nationalen Gesetzgebungsverfahren deutlich machen.

"Die von der Richtlinie vorgegebenen Spielräume müssen im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes ausgeschöpft werden, damit die Eingriffe so gering wie möglich bleiben", setzt sich auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar für eine möglichst verträgliche Umsetzung der EU-Vorgaben ein. Die freie und unbeobachtete Telekommunikation sei weiter als wesentliches Element der demokratischen Wissens- und Informationsgesellschaft zu betrachten. Die Speicherfrist ist laut Schaar daher auf sechs Monate und der Zugriff der Sicherheitsbehörden auf die Bereiche "Terrorismus und Organisierte Kriminalität" zu beschränken. Dies müsse in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden. Zudem sei bei E-Mail oder SMS zu beachten, dass eine Speicherung von Inhalten – wie ausdrücklich vorgesehen – unterbleibe. Nach Angaben von Providern erfordert dies zusätzliche Filterleistungen, da bei beiden Diensten Verbindungs- und Inhaltsdaten auf Protokollebene vermischt werden.

Quelle [addsig]

hit_that
14.12.2005 19:57

Wenn ich mich nicht ganz irre müsste dieser Beschluss des EU-Parlaments gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen.

edit: hab Noels Beitrag nicht ganz gelesen, sorry

hit_that
14.12.2005 20:05

Zitat:


NoelGallagher schrieb:
Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte.


ah der Herr Liebermann wird auch mal zitiert

NoelGallagher
14.12.2005 20:07Supporter

Zitat:


hit_that schrieb:
Wenn ich mich nicht ganz irre müsste dieser Beschluss des EU-Parlaments gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen.


Es wird wohl zumindest geklagt werden. Allerdings hat die große Koalition prinzipiell die Möglichkeit, das Grundgesetz zu ändern. Ihre Mehrheit im Parlament ist zumindest ausreichend dafür.

Tja, Terroristen - wenn es sie nicht gäbe, man müsste sie glatt erfinden. Ein großartigeres Totschlagargument hat die Politik wohl noch nie in den Händen gehabt. Wie soll man dagegen auch argumentieren? Es wird einem ja dann eh vorgeworfen, Terroranschläge passiv zu unterstützen, wenn man gegen eine Ausweitung staatlicher Überwachungsmaßnahmen ist.

"Die Terroristen hassen unsere Freiheit!" Nun, wir befinden uns auf einem guten Weg, ihnen den Sieg zu schenken.

Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben. Niemals. Und da das so ist, würde ich mein Leben gerne in maximaler Freiheit und Ruhe vor dem Staat genießen. Was gehen ihn meine Konten an, mit wem ich telefoniere oder wem ich sms oder E-Mails schreibe, wohin ich fahre (Maut), wie mein Fingerabdruck ist, wohin ich fliege und was ich dabei esse und wie ich das bezahlt habe? Ich begreif's nicht. Wer wirklich vor hat, ein Verbrechen zu begehen, der weiß auch wie man diesen Überwachungsmaßnahmen entgeht. Der unbescholtene Bürger allerdings wird in einem Maße überwacht, von dem die Stasi damals nur träumen konnte.

Ich fühle mich nicht bedroht durch Terroristen. Ein Autounfall oder sonstiger Unfall stellt für mich eine viel größere und wahrscheinlichere Gefahr dar. Die Gefahr einem terroristischen Anschlag zum Opfer zu fallen ist aus meiner Sicht so groß wie beim Scheißen vom Blitz erschlagen zu werden. Beides ist nicht völlig auszuschließen aber doch wohl extrem unwahrscheinlich. Wer fühlt sich denn wirklich real in seinem täglichen Leben durch Terroristen bedroht?

Die Gefahr, dass man allerdings unschuldig in Verdacht durch Fehlinterpretation oder Verwechslung von Daten gerät, ist für mich sehr real. Wer über die zehntausenden unschuldigen Flugpassagiere, aber wegen eines Softwarefehlers unter Terrorverdacht geratenen Flugpassagiere, gelesen hat, weiß was ich meine. Und dann seine Unschuld zu beweisen, ist wirklich nicht einfach und zeitaufwändig. Selbst für einen amerikanischen Senator hat dies drei Wochen gedauert.

:kotzen:[addsig]

hit_that
15.12.2005 07:00

Meines Wissens gibt es im Grundgesetz unveränderliche Paragraphen, die man nicht gerade einmal mit einer Mehrheit im Bundestag verändern kann. Der Paragraph zur Privatsphäre müsste auch dazu gehören.

Valmont
Valmont
15.12.2005 08:57

also eigentlich muss ich hie rwirklich mal sagen, dass es mir vollkommen egal ist, dass diese daten gespeichert werden.

na und? sollen sie doch !
ich glaube kaum dass irgendein käseweisser edv-beamter in seinem kämmerchen hinter einem pentium 2-rechner sitzt, und dort meine telefonverzeichnisse liest oder meinen sms-verlauf durchstöbert...

[addsig]

Oberholzklauer
15.12.2005 09:03

und es geht weiter

Ausweitung der Telefonüberwachung in Bayern beschlossen
Die bayerische Polizei darf künftig auch ohne Verdacht auf eine konkrete Straftat vorbeugend Telefone und Internetverkehr anzapfen. Die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag beschloss am heutigen Mittwoch die Ausweitung der Telefonüberwachung im Freistaat. Damit will die Staatsregierung die Polizei im Kampf gegen Terror und organisierte Kriminalität schlagkräftiger machen. SPD und Grüne warnten bei der Verabschiedung des Gesetzes vor einer Aushöhlung der Bürgerrechte.

Zitat anzeigen


Quelle: heise online

NoelGallagher
15.12.2005 09:12Supporter

Zitat:


Valmont schrieb:
also eigentlich muss ich hie rwirklich mal sagen, dass es mir vollkommen egal ist, dass diese daten gespeichert werden.

na und? sollen sie doch !
ich glaube kaum dass irgendein käseweisser edv-beamter in seinem kämmerchen hinter einem pentium 2-rechner sitzt, und dort meine telefonverzeichnisse liest oder meinen sms-verlauf durchstöbert...


Wo viele Daten sind, passieren auch Fehler. Zehntausende Flugpassagiere als Terrorverdächtige gelistet. Und das ist dann nicht mehr witzig, denn seine Unschuld zu beweisen, ist dann nicht einfach und zeitaufwändig.
Datensparsamkeit ist nicht nur ein Gebot des Datenschutzes, es schützt auch vor Mißbrauch und Fehlern durch Verwechslung udn Fehlinterpretation. Mal davon abgesehen, dass ich finde, es geht einfach niemanden etwas an, mit wem ich wann telefoniere. Das ist meine Privatangelegenheit.[addsig]

Valmont
Valmont
15.12.2005 09:16

Zitat:


Valmont schrieb:
also eigentlich muss ich hie rwirklich mal sagen, dass es mir vollkommen egal ist, dass diese daten gespeichert werden.

na und? sollen sie doch !
ich glaube kaum dass irgendein käseweisser edv-beamter in seinem kämmerchen hinter einem pentium 2-rechner sitzt, und dort meine telefonverzeichnisse liest oder meinen sms-verlauf durchstöbert...


Zitat:

NoelGallagher schrieb:

Wo viele Daten sind, passieren auch Fehler. Zehntausende Flugpassagiere als Terrorverdächtige gelistet. Und das ist dann nicht mehr witzig, denn seine Unschuld zu beweisen, ist dann nicht einfach und zeitaufwändig.


ja da hast du wohl recht... man muss die sache natürlich dosieren, das ist klar, aber grundsätzlich denke ich, dass es doch wirklich eine ernsthafte option ist, unser land wesentlich besser zu schützen, was in unserer heutigen zeit leider nicht mehr anders geht...[addsig]

Oberholzklauer
15.12.2005 12:50

Zitat:


Valmont schrieb:
ja da hast du wohl recht... man muss die sache natürlich dosieren, das ist klar, aber grundsätzlich denke ich, dass es doch wirklich eine ernsthafte option ist, unser land wesentlich besser zu schützen, was in unserer heutigen zeit leider nicht mehr anders geht...


das argument zieht für mich aber nicht. terroristen sind auch nicht dumm und durch einfache verschlüsselungsmechanismen lassen sich die kontrollen ausheben.
die attentäter vom 11. september (um das thema terrorismus mal weiter zu führen) wären auch nicht gestoppt worden. warum? weil sie nur für diesen einen auftrag ausgewählt wurden und vorher nichtmal falsch geparkt hatten. osama BL wird sich auch kaum in ein flugzeug setzen oder per unverschlüsselter leitung nach deutschland telefonieren und zudem läuft viel datenverkehr auch über email (11.sepmtember wieder als beispiel) und gerade eine email sicher zu verschlüsseln lernt man im ersten semester informatik.

NoelGallagher
15.12.2005 12:55Supporter

Das ist genau das Ding. Ich hab das Gefühl, die Herren Politiker denken, die Terroristen haben ihr eigenes Forum "Terrortreff.com" und posten da mit Benutzernamen Osama etc. ihre Pläne oder schließen einen Handy-Vertrag mit vollständigem Namen und ladungsfähiger Adresse ab. So'n Blödsinnn echt. [addsig]

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