Marktwirtschaft bei Konzerttickets?

eröffnet von snookdog am 04.12.2017 20:58 Uhr
83 Kommentare - zuletzt von IvanTKlasnic

83 Kommentare
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gregor1
07.12.2017 09:54


Kes schrieb:
Da alles schon wirtschaftlich erörtert wurde, nun dann mal ein Erfahrungsbericht, wie sich die Ticketpreise auf uns auswirken:

Stuttgart wird bei den Tourneen in den letzten Jahren immer öfter ausgelassen, was dafür spricht, dass es weniger Konzerte in Deutschland zugunsten eines höheren Einzelpreises gibt - in Summe muss der Ertrag ja trotzdem stimmen. Internationale Bands wie QotSA, Gorillaz, Editors und Placebo hätten früher nach Frankfurt und München immer auch in Stuttgart gespielt. Schon alleine deshalb besuchen wir das eine oder andere Konzert nicht mehr, weil wir schlichtweg nicht die Lust und die Zeit haben, unter der Woche 200 km weit zu fahren.

Kommt eine Band, die wir sehen möchten aber nach Stuttgart, ist das KO-Kriterium für uns der Preis - deshalb einige Beispiele:

Depeche Mode - meine absolute Lieblingsband, ich war seit 1984 bei jeder! Tournee in Stuttgart dabei und sind deshalb auch 2006 zu RaR, aber 120 € für FOS waren wir schlichtweg nicht bereit zu zahlen! Durch einen glücklichen Zufall sind wir aber über eine Kleinanzeige in der lokalen Presse sehr günstig an zwei Karten gekommen, sonst wären wir vermutlich sichtlich frustriert zu Hause geblieben.

Sisters of Mercy - Band aus Jugendtagen, einmal 1989 gesehen. Live ist Andrew Eldritch jetzt nicht so der Virtuose, aber hey, geile Musik! Für 30 € hätten wir gesagt, was solls, für 46 € dann aber doch nicht. Wir haben noch versucht, vor der Halle günstig an Karten zu kommen, aber es war unverständlicherweise total ausverkauft und die Schwarzmarktpreise waren utopisch - dann halt ohne uns. Die Kritiken waren vernichtend - also alles richtig gemacht!

Selig - 35 € ist für einen Jan Plewka, wenn er denn gut drauf ist, ein Preis, den wir bereit sind zu zahlen, aber halt nur, wenn er gut drauf ist. Deshalb haben wir die Karten nicht blind nach Bekanntgabe der Tour gekauft, sondern die Konzertkritiken abgewartet und die Tickets an der Abendkasse geholt.

Metallica 2018 findet ohne uns statt, da definitiv zu teuer für eine Band, die wir mehrfach live gesehen haben und mittlerweile in unseren Augen komplett überbewertet wird.

Dafür sind wir vor 4 Wochen ein Wochenende in voller Familienstärke nach München gefahren, um QotSA und Gorillaz live zu sehen, beide nicht wirklich günstig, aber das war es uns dann doch wert. Wir hätten auch für eine Unterkunft gezahlt, wenn uns nicht eine Freundin zu sich eingeladen hätte.

Oft ärgere ich mich über die Preise, aber wie ja schon mehrfach erwähnt wurde, muss definitiv jeder selbst entscheiden, wie viel einem ein Konzertbesuch wert ist - der Markt regelt sich selbst

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Das internationale Bands nur in Frankfurt, Köln, Berlin und Hamburg und nicht in Stuttgart spielen war doch gefühlt schon immer so.

1masterofdisaster666 gefällt das
FBG
07.12.2017 10:29·  BearbeitetSupporter

ja, darüber hat sich MoD schon vor 10 Jahren bei jeder Tourbekanntgabe aufgeregt

masterofdisaster666
07.12.2017 10:36·  Bearbeitet

und jetzt wo ich in der nähe von frankfurt wohne spielen da auch kaum noch gute bands...

Edit findet es witzig, dass kes schreibt, dass sie weniger konzerte besucht aber gefühlt 2x pro woche auf konzerten ist

masterofdisaster666
07.12.2017 10:59


FBG schrieb:

alles in allem sind wir alle selbst daran schuld oder tragen eine zumindest mitverantwortung. wenn die 5. tour einer band ohne neue songs immer noch ausverkauft, wäre es aus marktwirtschaftlicher sicht bescheurt, die 6. tour nicht noch teurer zu machen. würden die hallen mal leer bleiben, würde sich auch etwas an den preisen ändern.

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bloß findet dann oft diese 6. tour gar nicht statt, weil sie aus irgendwelchen vorgeschobenen gründen gecancelt wird obwohl jeder weiß: der ticketverkauf lief schlecht.

stefan42
07.12.2017 11:09

Wenn man sich die Daten die hier so genannt werden mal anschaut sollte man die Hosen und Die Ärzte doch mal als positive Beispiele erwähnen, deren Preise steigen "relativ" moderat, DTH ich meine 2005 so ca. 35€ auf jetzt ca. 50€ (DÄ vermutlich in gleicher Region), was ja wirklich ungefähr der Inflation entspricht. Und die könnten beide bestimmt die Hälfte der Konzerte für den doppelten Preis auch los werden, wenn sie dies in den Letzten Jahren anvisiert hätten.

MyChemGD1234
07.12.2017 11:43·  Bearbeitet

Der Einfluss der Digitalisierung auf die Musikindustrie ist denke ich schon ganz ok dargestellt worden, was dabei aber leider oft nicht berücksichtigt wird, sind aktuelle Zahlen, weshalb der Einfluss dieses Faktors hier oft überschätzt wird. Streaming trägt beispielsweise zu einem recht großen Teil mittlerweile dazu bei, dass die Umsätze der Industrie seit 2013 nicht mehr ab, sondern zunehmen (das waren alleine 2016 408 Millionen Euro - 24 Prozent des Umsatzes). Klar CD-Verkäufe nehmen immer mehr ab, aber im Vergleich zu der Entwicklung von vor 15 Jahren ist der Rückgang noch recht harmlos und man nimmt durch physische Verkäufe immer noch den Großteil (knapp über 50 Prozent) seines Umsatzes ein. Durch Streaming lässt sich mittlerweile eben wieder etwas Geld mit Musik verdienen und auch Bands wie Leoniden, die komplett unabhängig agieren, können auf teilweise über 2 Millionen Streams (auf Spotify) für bestimmte Songs bekommen, weil Spotify sie in ihren Playlisten featured. Man geht übrigens davon aus, dass 2021 51 Prozent des Umsatzes alleine von Streaming-Einnahmen geregelt wird. Mit Streaming hat man demnach eine Lösung für das lange so verteufelte Internet gefunden und kann in Zukunft damit rechnen eher Umsatzzunahmen, als -einbuße zu verrechnen.

Umsatztechnisch befindet man sich momentan etwa auf dem Stand von 2007. Die Ticketpreise sind aber im Vergleich zu damals extrem gestiegen. Da liegt meiner Meinung nach auch das Problem freier Marktwirtschaft - es geht hier nicht mehr darum, irgendetwas besonders effizient zu gestalten, sondern letzten Endes nur noch darum, dass große Konzerne immer mehr Geld scheffeln und die Superreichen immer reicher werden. Das Geld, was bei den Labels reinkommt, kriegen mittlerweile noch weniger die Künstler, die ja eigentlich (zumindest wenn Songs selber geschrieben / aufgenommen / ... werden) den Hauptbatzen der (zumindest kreativen und damit Schöpferischen) Arbeit tragen und von denen die Labels extrem abhängig sind (keine Künstler -> keine Musik -> kein Geld). Das in den Verkäufen verlorene Geld müssen Künstler dann eben durch VIP-Tickets, Meet & Greet, Merchandise, ... wieder reinbekommen.

Das beste Beispiel hierfür sind 30 Seconds To Mars. Bevor die ab 2009 diesen Rechtsstreit um 30 Millionen Euro mit EMI hatten, gab es soetwas bei denen nicht und die Musik war durchaus fernab von der Radio-Landschaft anzusiedeln (klar hatten die Songs oft Hitpotential, waren dennoch aber waschechte Rocksongs). Seitdem man diesen riesigen Schuldenberg hat, hat man sich immer weiter vom Rock distanziert und einfach alles Kommerzialisiert (seien das die Golden Ticket Dinger, über die mittlerweile übrigens auch andere Künstler laufen - da fließt bestimmt auch nochmal Geld rein - , oder dieses Vyrt, über das man gegen Geld Live-Streams von Studio-Sessions, Konzerten, .... anbietet). Die Ticketpreise sind übrigens auch rasant angestiegen. Für ein Oberrangticket in der König-Pilsener-Arena 2010 habe ich noch 39 Euro gezahlt. Bei der aktuellen Tour kosten Oberrangtickets einfach 62 Euro. Das ist eine Preissteigerung um 58 Prozent.

Dass die Künstler von den Einnahmen der Konzerte teilweise auch nur einen sehr kleinen Teil sehen, zeigt schon der Fakt, dass diese etlichen Zusatzangebote (Meet & Greet, Early-Entry, ...) mittlerweile selbst bei kleineren Bands auftauchen, man aber eigentlich ausnahmslos zu diesen ein extra Ticket braucht und diese Angebote somit komplett vom Veranstalter losgelöst sind. Die Einnahmen davon fließen direkt in die Tasche des Künstlers, bei den Ticketeinnahmen kriegt vermutlich der Veranstalter den Hauptbatzen.

Quelle für die Umsatzzahlen:www.musikindustrie.de

Kes
Kes
07.12.2017 11:49


masterofdisaster666 schrieb:
und jetzt wo ich in der nähe von frankfurt wohne spielen da auch kaum noch gute bands...

Edit findet es witzig, dass kes schreibt, dass sie weniger konzerte besucht aber gefühlt 2x pro woche auf konzerten ist

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Ich habe nicht geschrieben, dass ich weniger Konzerte besuche

masterofdisaster666
07.12.2017 12:00

Schon alleine deshalb besuchen wir das eine oder andere Konzert nicht mehr, weil wir schlichtweg nicht die Lust und die Zeit haben, unter der Woche 200 km weit zu fahren.

Zitat anzeigen



Das liest sich aber so, da die Konzerte, ja nicht mehr in Stuttgart statt finden (sondern in münchen, mannheim, frankfurt/wiesbaden).

1MyChemGD1234 gefällt das
Kes
Kes
07.12.2017 12:03


masterofdisaster666 schrieb:

Schon alleine deshalb besuchen wir das eine oder andere Konzert nicht mehr, weil wir schlichtweg nicht die Lust und die Zeit haben, unter der Woche 200 km weit zu fahren.

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Das liest sich aber so, da die Konzerte, ja nicht mehr in Stuttgart statt finden (sondern in münchen, mannheim, frankfurt/wiesbaden).

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Jo, liest sich so, allerdings kommt dir das im Moment gerade nur gefühlt so vor, weil der Herbst ja immer heavy ist, was Konzerte angeht und gefühlt auch jede noch so steinalte Band wieder tourt, weil denen die Kohle ausgeht.

Nikrox
Nikrox
07.12.2017 12:14·  BearbeitetSupporter


MyChemGD1234 schrieb:
Der Einfluss der Digitalisierung auf die Musikindustrie ist denke ich schon ganz ok dargestellt worden, was dabei aber leider oft nicht berücksichtigt wird, sind aktuelle Zahlen, weshalb der Einfluss dieses Faktors hier oft überschätzt wird. Streaming trägt beispielsweise zu einem recht großen Teil mittlerweile dazu bei, dass die Umsätze der Industrie seit 2013 nicht mehr ab, sondern zunehmen (das waren alleine 2016 408 Millionen Euro - 24 Prozent des Umsatzes). Klar CD-Verkäufe nehmen immer mehr ab, aber im Vergleich zu der Entwicklung von vor 15 Jahren ist der Rückgang noch recht harmlos und man nimmt durch physische Verkäufe immer noch den Großteil (knapp über 50 Prozent) seines Umsatzes ein. Durch Streaming lässt sich mittlerweile eben wieder etwas Geld mit Musik verdienen und auch Bands wie Leoniden, die komplett unabhängig agieren, können auf teilweise über 2 Millionen Streams (auf Spotify) für bestimmte Songs bekommen, weil Spotify sie in ihren Playlisten featured. Man geht übrigens davon aus, dass 2021 51 Prozent des Umsatzes alleine von Streaming-Einnahmen geregelt wird. Mit Streaming hat man demnach eine Lösung für das lange so verteufelte Internet gefunden und kann in Zukunft damit rechnen eher Umsatzzunahmen, als -einbuße zu verrechnen.

Umsatztechnisch befindet man sich momentan etwa auf dem Stand von 2007. Die Ticketpreise sind aber im Vergleich zu damals extrem gestiegen. Da liegt meiner Meinung nach auch das Problem freier Marktwirtschaft - es geht hier nicht mehr darum, irgendetwas besonders effizient zu gestalten, sondern letzten Endes nur noch darum, dass große Konzerne immer mehr Geld scheffeln und die Superreichen immer reicher werden. Das Geld, was bei den Labels reinkommt, kriegen mittlerweile noch weniger die Künstler, die ja eigentlich (zumindest wenn Songs selber geschrieben / aufgenommen / ... werden) den Hauptbatzen der (zumindest kreativen und damit Schöpferischen) Arbeit tragen und von denen die Labels extrem abhängig sind (keine Künstler -> keine Musik -> kein Geld). Das in den Verkäufen verlorene Geld müssen Künstler dann eben durch VIP-Tickets, Meet & Greet, Merchandise, ... wieder reinbekommen.

Das beste Beispiel hierfür sind 30 Seconds To Mars. Bevor die ab 2009 diesen Rechtsstreit um 30 Millionen Euro mit EMI hatten, gab es soetwas bei denen nicht und die Musik war durchaus fernab von der Radio-Landschaft anzusiedeln (klar hatten die Songs oft Hitpotential, waren dennoch aber waschechte Rocksongs). Seitdem man diesen riesigen Schuldenberg hat, hat man sich immer weiter vom Rock distanziert und einfach alles Kommerzialisiert (seien das die Golden Ticket Dinger, über die mittlerweile übrigens auch andere Künstler laufen - da fließt bestimmt auch nochmal Geld rein - , oder dieses Vyrt, über das man gegen Geld Live-Streams von Studio-Sessions, Konzerten, .... anbietet). Die Ticketpreise sind übrigens auch rasant angestiegen. Für ein Oberrangticket in der König-Pilsener-Arena 2010 habe ich noch 39 Euro gezahlt. Bei der aktuellen Tour kosten Oberrangtickets einfach 62 Euro. Das ist eine Preissteigerung um 58 Prozent.

Dass die Künstler von den Einnahmen der Konzerte teilweise auch nur einen sehr kleinen Teil sehen, zeigt schon der Fakt, dass diese etlichen Zusatzangebote (Meet & Greet, Early-Entry, ...) mittlerweile selbst bei kleineren Bands auftauchen, man aber eigentlich ausnahmslos zu diesen ein extra Ticket braucht und diese Angebote somit komplett vom Veranstalter losgelöst sind. Die Einnahmen davon fließen direkt in die Tasche des Künstlers, bei den Ticketeinnahmen kriegt vermutlich der Veranstalter den Hauptbatzen.

Quelle für die Umsatzzahlen:www.musikindustrie.de

Zitat anzeigen


Danke für die Infos. Die Zahlen sind echt sehr interessant. Muss ich mir mal genauer anschauen. Hätte nicht gedacht, dass Streaming beim Umsatz schon so eine große Rolle spielt. Ist nur die Frage wie viel vom dem Umsatz auch bei (kleineren) Künstlern ankommt.
Auch eine sehr witzige Kurve bei den Vinyl Umsätzen. Seit 2011 kontinuierlich gestiegen, während alles andere haptische gefallen ist. Mal gespannt ob das so weitergeht oder nur ein kurzer "Hype" ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Schmiddie
Schmiddie
07.12.2017 12:18

Wow... Sorry aber für mich bislang der schlechteste Beitrag zu dem Thema (nicht persönlich nehmen!)

Du bemängelst, dass die Reichen immer reicher werden, aber nimmst die Künstler (die ja selbst teilweise Superreich sind) davon raus, da sie für ihr schaffen ja kein Geld mehr bekommen...

Du sagst die Labels und Veranstalter seien Verantwortlich für die hohen Preise, aber die Künstler für die VIP-Tickets usw- wie kommst du da drauf? Du nennst als Beispiel den musikalischen Wandel von 30stm und sagst, dieser wäre aus einem Rechtsstreit mit EMI geschuldet. Das halte ich für sehr weit hergeholt: Auch andere Bands haben sich musikalisch verändert, sei es nun aus persönlichen oder gewinnorientierten Gründen (Beispiele: Unheilig, Die Ärzte, Linkin Park...). Aber das sind Entscheidungen und Entwicklungen der Band und weder du noch ich können sagen, wieso sie das tun.

Dann im letzten Abschnitt: Hier wird eine Behauptung, die ich durchaus nachvollziehen kann, mit einem 'Fakt' begründet, der erstens kein Fakt ist (Wer weiß schon, wer wieviel an welchen Zusatzangeboten verdient?) und zum anderen keine Begründung der ersten Behauptung darstellt.

Und dann noch zu meinem Lieblingsthema: Streamingdienste: Ich finde es schön, dass hier grundsätzlich mit Zahlen gearbeitet wird, würde diese aber anders einschätzen: Die Umsätze der Musikindustrie nehmen seit 2013 wieder zu. Das ist schön, aber dann muss man auch beachten, dass es davor 15 Jahre bergab ging. Gleichzeitig sind die Kosten für Instrumente, Technik, Energie etc. aber gestiegen. Wir sind hier also noch lange nicht auf einem Punkt wo man sagen könnte, dass man heute wieder (Anteilsmäßig) so viel durch Musikverkauf einnehmen kann wie zu Hochzeiten von Vinyl oder CD.

Einzelne Bands profitieren sicher von Streamingdienste, da ihre Musik beworben wird - Aber genau das ist gleichzeitig das große Problem für viele andere kleine Acts: Wenn man nicht auf Streamingdienste in den Strudel der 'Empfhelungen' gerät, ist man Außen vor und hat keine Chance ein neues Publikum zu gewinnen. Während wir uns alle vor 10 Jahren über Casting Shows aufgeregt haben, die bestimmte Star-Typen generieren wollten, haben wir nun genau das selbe in grün durch Spotify. Ich persönlich verabscheue diese Entwicklung zutiefst.

Dass ab 2021 über 50% der Einnahmen in der Musikindustrie durch Streamingdienste vollzogen werden, ist ein Prozess, der meiner Meinung nach nicht aufzuhalten ist. Ob dies aber wirklich den Künstlern wieder mehr Geld beschert halte ich für fragwürdig: Die Streamingdienste bringen mit sich, dass ein weiterer großer Player mitspielt und Geld verdienen will. Da das Milliarden Unternehmen wie Google, Apple oder Telekom sind, gehe ich nicht davon aus, dass diese auf die erzielbaren Gewinne verzichten wollen. Außerdem bedeutet diese Prozentzahl ja nicht, dass mehr Geld generiert wird, nur dass es sich umverteilt.

MyChemGD1234
07.12.2017 12:24


Nikrox schrieb:


MyChemGD1234 schrieb:
Der Einfluss der Digitalisierung auf die Musikindustrie ist denke ich schon ganz ok dargestellt worden, was dabei aber leider oft nicht berücksichtigt wird, sind aktuelle Zahlen, weshalb der Einfluss dieses Faktors hier oft überschätzt wird. Streaming trägt beispielsweise zu einem recht großen Teil mittlerweile dazu bei, dass die Umsätze der Industrie seit 2013 nicht mehr ab, sondern zunehmen (das waren alleine 2016 408 Millionen Euro - 24 Prozent des Umsatzes). Klar CD-Verkäufe nehmen immer mehr ab, aber im Vergleich zu der Entwicklung von vor 15 Jahren ist der Rückgang noch recht harmlos und man nimmt durch physische Verkäufe immer noch den Großteil (knapp über 50 Prozent) seines Umsatzes ein. Durch Streaming lässt sich mittlerweile eben wieder etwas Geld mit Musik verdienen und auch Bands wie Leoniden, die komplett unabhängig agieren, können auf teilweise über 2 Millionen Streams (auf Spotify) für bestimmte Songs bekommen, weil Spotify sie in ihren Playlisten featured. Man geht übrigens davon aus, dass 2021 51 Prozent des Umsatzes alleine von Streaming-Einnahmen geregelt wird. Mit Streaming hat man demnach eine Lösung für das lange so verteufelte Internet gefunden und kann in Zukunft damit rechnen eher Umsatzzunahmen, als -einbuße zu verrechnen.

Umsatztechnisch befindet man sich momentan etwa auf dem Stand von 2007. Die Ticketpreise sind aber im Vergleich zu damals extrem gestiegen. Da liegt meiner Meinung nach auch das Problem freier Marktwirtschaft - es geht hier nicht mehr darum, irgendetwas besonders effizient zu gestalten, sondern letzten Endes nur noch darum, dass große Konzerne immer mehr Geld scheffeln und die Superreichen immer reicher werden. Das Geld, was bei den Labels reinkommt, kriegen mittlerweile noch weniger die Künstler, die ja eigentlich (zumindest wenn Songs selber geschrieben / aufgenommen / ... werden) den Hauptbatzen der (zumindest kreativen und damit Schöpferischen) Arbeit tragen und von denen die Labels extrem abhängig sind (keine Künstler -> keine Musik -> kein Geld). Das in den Verkäufen verlorene Geld müssen Künstler dann eben durch VIP-Tickets, Meet & Greet, Merchandise, ... wieder reinbekommen.

Das beste Beispiel hierfür sind 30 Seconds To Mars. Bevor die ab 2009 diesen Rechtsstreit um 30 Millionen Euro mit EMI hatten, gab es soetwas bei denen nicht und die Musik war durchaus fernab von der Radio-Landschaft anzusiedeln (klar hatten die Songs oft Hitpotential, waren dennoch aber waschechte Rocksongs). Seitdem man diesen riesigen Schuldenberg hat, hat man sich immer weiter vom Rock distanziert und einfach alles Kommerzialisiert (seien das die Golden Ticket Dinger, über die mittlerweile übrigens auch andere Künstler laufen - da fließt bestimmt auch nochmal Geld rein - , oder dieses Vyrt, über das man gegen Geld Live-Streams von Studio-Sessions, Konzerten, .... anbietet). Die Ticketpreise sind übrigens auch rasant angestiegen. Für ein Oberrangticket in der König-Pilsener-Arena 2010 habe ich noch 39 Euro gezahlt. Bei der aktuellen Tour kosten Oberrangtickets einfach 62 Euro. Das ist eine Preissteigerung um 58 Prozent.

Dass die Künstler von den Einnahmen der Konzerte teilweise auch nur einen sehr kleinen Teil sehen, zeigt schon der Fakt, dass diese etlichen Zusatzangebote (Meet & Greet, Early-Entry, ...) mittlerweile selbst bei kleineren Bands auftauchen, man aber eigentlich ausnahmslos zu diesen ein extra Ticket braucht und diese Angebote somit komplett vom Veranstalter losgelöst sind. Die Einnahmen davon fließen direkt in die Tasche des Künstlers, bei den Ticketeinnahmen kriegt vermutlich der Veranstalter den Hauptbatzen.

Quelle für die Umsatzzahlen:www.musikindustrie.de

Zitat anzeigen


Danke für die Infos. Die Zahlen sind echt sehr interessant. Muss ich mir mal genauer anschauen. Hätte nicht gedacht, dass Streaming beim Umsatz schon so eine große Rolle spielt. Ist nur die Frage wie viel vom dem Umsatz auch bei (kleineren) Künstlern ankommt.
Auch eine sehr witzige Kurve bei den Vinyl Umsätzen. Seit 2011 kontinuierlich gestiegen, während alles andere haptische gefallen ist. Mal gespannt ob das so weitergeht oder nur ein kurzer "Hype" ist. Aber das ist ein anderes Thema.

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Ich glaube tatsächlich, dass der Platten-Hype anhalten wird. Es gibt einfach genug gute Gründe, warum Leute, die sehr viel Musik hören, Platten sammeln (Sound, bewussteres Hören, größeres Artwork). Für die CD gibt es kaum Gründe. Vinylverkäufe machen aber echt nur einen sehr kleinen Teil des Umsatzes aus, weil man das ganze eben hauptsächlich ein Liebhaberprodukt ist. Deshalb spielt das für die Industrie selber gar nicht eine so große Rolle, ob sich das halten wird oder nicht.

Übrigens haben 30 Seconds To Mars eine gar nicht mal so schlechte Dokumentation über den Rechtsstreit mit EMI gedreht, bei der unter anderem auch dargestellt wird, wie viel Bands ungefähr von CD-Verkäufen bekommen. Oft ist das nämlich so, dass diese für die Aufnahmen beim Label eine Art "Kredit" aufnehmen und erst Geld ausbezahlt kriegen, sobald dieser Betrag von den Verkaufen "abbezahlt" ist. Daran ist die ein oder andere kleinere Band schon kaputt gegangen.

3tobiwan42und anderen gefällt das
FBG
07.12.2017 12:55·  BearbeitetSupporter

Und dann noch zu meinem Lieblingsthema: Streamingdienste: Ich finde es schön, dass hier grundsätzlich mit Zahlen gearbeitet wird, würde diese aber anders einschätzen: Die Umsätze der Musikindustrie nehmen seit 2013 wieder zu. Das ist schön, aber dann muss man auch beachten, dass es davor 15 Jahre bergab ging. Gleichzeitig sind die Kosten für Instrumente, Technik, Energie etc. aber gestiegen. Wir sind hier also noch lange nicht auf einem Punkt wo man sagen könnte, dass man heute wieder (Anteilsmäßig) so viel durch Musikverkauf einnehmen kann wie zu Hochzeiten von Vinyl oder CD.

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ja, wollte ich beim lesen auch schreiben.
man müsste die 2016er zahlen mit den (inflationsbereinigten) zahlen der "vor-internet-zeit" vergleichen, bzspw. mit den von 1996.

Einzelne Bands profitieren sicher von Streamingdienste, da ihre Musik beworben wird - Aber genau das ist gleichzeitig das große Problem für viele andere kleine Acts: Wenn man nicht auf Streamingdienste in den Strudel der 'Empfhelungen' gerät, ist man Außen vor und hat keine Chance ein neues Publikum zu gewinnen.

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das problem hatte man auch, als man musik nur über CDs hörte. wird etwas im radio gedudelt oder groß beworben, wurde es auch damals öfter gekauft.
einziger unterschied ist wohl, dass es nur noch 3-4 "meinungsmacher" weltweit gibt


Oft ist das nämlich so, dass diese für die Aufnahmen beim Label eine Art "Kredit" aufnehmen und erst Geld ausbezahlt kriegen, sobald dieser Betrag von den Verkaufen "abbezahlt" ist. Daran ist die ein oder andere kleinere Band schon kaputt gegangen.

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ist bei büchern ähnlich und ich sehe da auch kein problem drin. man teilt sich das wirtschaftliche risiko. floppt die platte und der "kredit" wird nicht wieder reingespielt, hat das label pech gehabt. verkafut sie sich wie geschnitten brot, profitieren beide davon.

MyChemGD1234
07.12.2017 13:04·  Bearbeitet

So, dann antworte ich darauf mal Schritt für Schritt.


Schmiddie schrieb:
Du bemängelst, dass die Reichen immer reicher werden, aber nimmst die Künstler (die ja selbst teilweise Superreich sind) davon raus, da sie für ihr schaffen ja kein Geld mehr bekommen...

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Da interpretierst du meine Aussage falsch. Ich bemängel lediglich, dass Künstler kaum noch an dem verdienen, worum es in der Industrie eigentlich geht, nämlich dem Produkt Musik und deshalb andere Wege finden müssen, um von ihrer Arbeit leben zu können, obwohl die Industrie sich langsam erholt. Diejenigen, die an den mal wieder steigenden Umsätzen profitieren, sind die Labels (also die großen Unternehmen, von denen es übrigens mittlerweile nur noch drei Stück - Warner, Universal, Sony - gibt).

Übrigens ist es durchaus bekannt, dass Tourneen in mittelgroßen Hallen (zum Beispiel Live-Music-Hall-Größe) prinzipiell eher Null-Geschäfte sind und kaum Gewinne für die Künstler abwerfen. Da gab es mal einen interessanten Beitrag von Eskimo Callboy zu, die ja schon nicht klein sind.

Du sagst die Labels und Veranstalter seien Verantwortlich für die hohen Preise, aber die Künstler für die VIP-Tickets usw- wie kommst du da drauf? Du nennst als Beispiel den musikalischen Wandel von 30stm und sagst, dieser wäre aus einem Rechtsstreit mit EMI geschuldet. Das halte ich für sehr weit hergeholt: Auch andere Bands haben sich musikalisch verändert, sei es nun aus persönlichen oder gewinnorientierten Gründen (Beispiele: Unheilig, Die Ärzte, Linkin Park...). Aber das sind Entscheidungen und Entwicklungen der Band und weder du noch ich können sagen, wieso sie das tun.

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Du beziehst dich da sehr stark auf die musikalische Entwicklung der Band. Die hab ich aber nur nebenbei erwähnt. Das, was bei mir im Vordergrund steht, sind die zusätzlichen Einnahmemethoden, die 3ostm mittlerweile nutzen. Die treten nämlich ausschließlich seit dem Rechtsstreit auf. Die 30 Millionen Euro musste die Band die folgenden Jahre nämlich zurückzahlen (die Klage ist übrigens entstanden, weil die Band einen Vertrag für ungültig erklärt hat, weil dieser eine Laufzeit von 9 Jahren (meine ich) hatte, nach kalifornischen Recht jedoch Verträge mit einer Laufzeit von über 7 Jahren unzulässig sind. Weil die Band vertraglich noch einige Alben hätte abliefern müssen, hat EMI diese verklagt). Da liegt es Nahe zu vermuten, dass man die darauffolgenden Jahre eben versucht hat dieses Geld reinzubekommen und mittlerweile eben auch gemerkt hat, dass man dadurch wunderbar eine Stange Geld machen kann (eben weil man damit sehr unabhängig von Labels, Veranstalter, ... ist).

Dann im letzten Abschnitt: Hier wird eine Behauptung, die ich durchaus nachvollziehen kann, mit einem 'Fakt' begründet, der erstens kein Fakt ist (Wer weiß schon, wer wieviel an welchen Zusatzangeboten verdient?) und zum anderen keine Begründung der ersten Behauptung darstellt.

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Zu der Aussage, dass die Zusatzeinnahmen eher an die Band gehen, als Einnahmen durch Tourneen komme ich durch mehrere Faktoren.

1. Vertreiben Künstler VIP-Tickets und co oftmals über eigene Plattformen, die von den Veranstaltern unabhängig sind (bei 30stm zum Beispiel Goldem Ticket).
2. Ist es nicht abwegig anzunehmen, dass der größte Teil der Einnahmen eines Konzertes an die Veranstalter fließt (warum sonst sollten mittlerweile so viele Künstler alternative Einnahmequellen nutzen?).

Und dann noch zu meinem Lieblingsthema: Streamingdienste: Ich finde es schön, dass hier grundsätzlich mit Zahlen gearbeitet wird, würde diese aber anders einschätzen: Die Umsätze der Musikindustrie nehmen seit 2013 wieder zu. Das ist schön, aber dann muss man auch beachten, dass es davor 15 Jahre bergab ging.

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Deshalb habe ich das Jahr 2007 genannt, in dem die Umsätze sich auf einem ähnlichen Niveau befanden, wie im Jahr 2016. Damals waren Tickets jedoch noch deutlich günstiger. An sich ist es aber ein wichtiger Schritt nach 15 Jahren Talfahrt mal wieder positive Zahlen sprechen zu können. Das zeigt ja schon, dass man es endlich mal geschafft hat mit den Neuerungen klarzukommen.

Gleichzeitig sind die Kosten für Instrumente, Technik, Energie etc. aber gestiegen. Wir sind hier also noch lange nicht auf einem Punkt wo man sagen könnte, dass man heute wieder (Anteilsmäßig) so viel durch Musikverkauf einnehmen kann wie zu Hochzeiten von Vinyl oder CD.

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Hierzu lassen sich nur Vermutungen anstellen, weil dazu keine Zahlen vorliegen. Deshalb lasse ich das jetzt mal aus. Hat aber durchaus einen Einfluss auf Preise, da gebe ich dir Recht.

Einzelne Bands profitieren sicher von Streamingdienste, da ihre Musik beworben wird - Aber genau das ist gleichzeitig das große Problem für viele andere kleine Acts: Wenn man nicht auf Streamingdienste in den Strudel der 'Empfhelungen' gerät, ist man Außen vor und hat keine Chance ein neues Publikum zu gewinnen. Während wir uns alle vor 10 Jahren über Casting Shows aufgeregt haben, die bestimmte Star-Typen generieren wollten, haben wir nun genau das selbe in grün durch Spotify. Ich persönlich verabscheue diese Entwicklung zutiefst.

Zitat anzeigen



Man darf bei Spotify nicht außer Acht lassen, wie genau bei sowas vorgegangen wird. Es gibt von Spotify aus Leute, die auf Konzerte kleinerer Bands gehen, neue Künstler entdecken sollen und die Möglichkeit haben diese in die großen Playlisten zu setzen. Von Seiten der Leoniden ist da beispielsweise überhaupt kein Geld geflossen. Das halte ich für eine durchaus Faire Vorgehensweise (auch fairer als das noch vor einigen Jahren war beziehungsweise auch durch das Radio ist, in dem hauptsächlich Major-Acts gespielt werden).

Dass ab 2021 über 50% der Einnahmen in der Musikindustrie durch Streamingdienste vollzogen werden, ist ein Prozess, der meiner Meinung nach nicht aufzuhalten ist. Ob dies aber wirklich den Künstlern wieder mehr Geld beschert halte ich für fragwürdig: Die Streamingdienste bringen mit sich, dass ein weiterer großer Player mitspielt und Geld verdienen will. Da das Milliarden Unternehmen wie Google, Apple oder Telekom sind, gehe ich nicht davon aus, dass diese auf die erzielbaren Gewinne verzichten wollen. Außerdem bedeutet diese Prozentzahl ja nicht, dass mehr Geld generiert wird, nur dass es sich umverteilt.

Zitat anzeigen



Dass das den Künstlern wieder mehr Geld beschert, hatte ich nie behauptet. Die Hauptgewinner werden hier die Labels werden (Danke tolle freie Marktwirtschaft!). Mir ging es dabei lediglich darum zu zeigen, dass man eben nicht den Niedergang der Tonträgerverkäufe für steigende Konzertpreise verantwortlich machen kann, weil die Labels selber sich eben wieder auf dem aufsteigenden Ast befinden.

1Rhapsode gefällt das
Kaan
Kaan
07.12.2017 13:09AdminSupporter


MyChemGD1234 schrieb:


Nikrox schrieb:


MyChemGD1234 schrieb:
Der Einfluss der Digitalisierung auf die Musikindustrie ist denke ich schon ganz ok dargestellt worden, was dabei aber leider oft nicht berücksichtigt wird, sind aktuelle Zahlen, weshalb der Einfluss dieses Faktors hier oft überschätzt wird. Streaming trägt beispielsweise zu einem recht großen Teil mittlerweile dazu bei, dass die Umsätze der Industrie seit 2013 nicht mehr ab, sondern zunehmen (das waren alleine 2016 408 Millionen Euro - 24 Prozent des Umsatzes). Klar CD-Verkäufe nehmen immer mehr ab, aber im Vergleich zu der Entwicklung von vor 15 Jahren ist der Rückgang noch recht harmlos und man nimmt durch physische Verkäufe immer noch den Großteil (knapp über 50 Prozent) seines Umsatzes ein. Durch Streaming lässt sich mittlerweile eben wieder etwas Geld mit Musik verdienen und auch Bands wie Leoniden, die komplett unabhängig agieren, können auf teilweise über 2 Millionen Streams (auf Spotify) für bestimmte Songs bekommen, weil Spotify sie in ihren Playlisten featured. Man geht übrigens davon aus, dass 2021 51 Prozent des Umsatzes alleine von Streaming-Einnahmen geregelt wird. Mit Streaming hat man demnach eine Lösung für das lange so verteufelte Internet gefunden und kann in Zukunft damit rechnen eher Umsatzzunahmen, als -einbuße zu verrechnen.

Umsatztechnisch befindet man sich momentan etwa auf dem Stand von 2007. Die Ticketpreise sind aber im Vergleich zu damals extrem gestiegen. Da liegt meiner Meinung nach auch das Problem freier Marktwirtschaft - es geht hier nicht mehr darum, irgendetwas besonders effizient zu gestalten, sondern letzten Endes nur noch darum, dass große Konzerne immer mehr Geld scheffeln und die Superreichen immer reicher werden. Das Geld, was bei den Labels reinkommt, kriegen mittlerweile noch weniger die Künstler, die ja eigentlich (zumindest wenn Songs selber geschrieben / aufgenommen / ... werden) den Hauptbatzen der (zumindest kreativen und damit Schöpferischen) Arbeit tragen und von denen die Labels extrem abhängig sind (keine Künstler -> keine Musik -> kein Geld). Das in den Verkäufen verlorene Geld müssen Künstler dann eben durch VIP-Tickets, Meet & Greet, Merchandise, ... wieder reinbekommen.

Das beste Beispiel hierfür sind 30 Seconds To Mars. Bevor die ab 2009 diesen Rechtsstreit um 30 Millionen Euro mit EMI hatten, gab es soetwas bei denen nicht und die Musik war durchaus fernab von der Radio-Landschaft anzusiedeln (klar hatten die Songs oft Hitpotential, waren dennoch aber waschechte Rocksongs). Seitdem man diesen riesigen Schuldenberg hat, hat man sich immer weiter vom Rock distanziert und einfach alles Kommerzialisiert (seien das die Golden Ticket Dinger, über die mittlerweile übrigens auch andere Künstler laufen - da fließt bestimmt auch nochmal Geld rein - , oder dieses Vyrt, über das man gegen Geld Live-Streams von Studio-Sessions, Konzerten, .... anbietet). Die Ticketpreise sind übrigens auch rasant angestiegen. Für ein Oberrangticket in der König-Pilsener-Arena 2010 habe ich noch 39 Euro gezahlt. Bei der aktuellen Tour kosten Oberrangtickets einfach 62 Euro. Das ist eine Preissteigerung um 58 Prozent.

Dass die Künstler von den Einnahmen der Konzerte teilweise auch nur einen sehr kleinen Teil sehen, zeigt schon der Fakt, dass diese etlichen Zusatzangebote (Meet & Greet, Early-Entry, ...) mittlerweile selbst bei kleineren Bands auftauchen, man aber eigentlich ausnahmslos zu diesen ein extra Ticket braucht und diese Angebote somit komplett vom Veranstalter losgelöst sind. Die Einnahmen davon fließen direkt in die Tasche des Künstlers, bei den Ticketeinnahmen kriegt vermutlich der Veranstalter den Hauptbatzen.

Quelle für die Umsatzzahlen:www.musikindustrie.de

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Danke für die Infos. Die Zahlen sind echt sehr interessant. Muss ich mir mal genauer anschauen. Hätte nicht gedacht, dass Streaming beim Umsatz schon so eine große Rolle spielt. Ist nur die Frage wie viel vom dem Umsatz auch bei (kleineren) Künstlern ankommt.
Auch eine sehr witzige Kurve bei den Vinyl Umsätzen. Seit 2011 kontinuierlich gestiegen, während alles andere haptische gefallen ist. Mal gespannt ob das so weitergeht oder nur ein kurzer "Hype" ist. Aber das ist ein anderes Thema.

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Ich glaube tatsächlich, dass der Platten-Hype anhalten wird. Es gibt einfach genug gute Gründe, warum Leute, die sehr viel Musik hören, Platten sammeln (Sound, bewussteres Hören, größeres Artwork). Für die CD gibt es kaum Gründe. Vinylverkäufe machen aber echt nur einen sehr kleinen Teil des Umsatzes aus, weil man das ganze eben hauptsächlich ein Liebhaberprodukt ist. Deshalb spielt das für die Industrie selber gar nicht eine so große Rolle, ob sich das halten wird oder nicht.

Übrigens haben 30 Seconds To Mars eine gar nicht mal so schlechte Dokumentation über den Rechtsstreit mit EMI gedreht, bei der unter anderem auch dargestellt wird, wie viel Bands ungefähr von CD-Verkäufen bekommen. Oft ist das nämlich so, dass diese für die Aufnahmen beim Label eine Art "Kredit" aufnehmen und erst Geld ausbezahlt kriegen, sobald dieser Betrag von den Verkaufen "abbezahlt" ist. Daran ist die ein oder andere kleinere Band schon kaputt gegangen.

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Das nennt sich Vorschuss und der Prozess Recoupment. Es ist doch nur logisch, dass eine Plattenfirma, die Geld investiert, ihr Investment erst mal zurückverdienen muss. Dasselbe gilt auch für die Vorschüsse von Verlagen oder (kommt zwar nur sehr selten vor, geht aber auch) Booking-Agenturen. Labels machen mit Alben, für die ein Vorschuss gezahlt wurde, aber floppt Verluste. Das Prinzip des Recoupments zu verteufeln ist ein schlechter Witz. Dann sollte die Band ihre Kosten komplett selbst tragen. Von der Albumproduktion über die Fotoshootings und Videodrehs bis hin zu Marketingmaßnahmen. Dafür gibt es nämlich auch ein System, nennt sich Rent-a-Label und wurde bspw. von Motor unter Tim Renner recht erfolgreich umgesetzt. Das Label ist dann nur noch Dienstleister und wird bspw. dafür bezahlt sich um den Vertrieb, etc. zu kümmern. Das kann in Form einer Beteiligung sein, aber auch mit einem fixen monatlichen Betrag. Wenn das Album floppt, steht der Künstler in der Kreide und das Label ist fein raus. Hat keine Verluste auf der eigenen Seite. In diesem Fall ist der Künstler sehr schnell in der Privatinsolvenz. Ob da das andere System nicht vielleicht doch besser für den Künstler ist?

MyChemGD1234
07.12.2017 13:12·  Bearbeitet

Inwiefern habe ich die Vorschuss-Vorgehensweise kritisiert? Ich habe den Prozess nur erläutert und erwähnt, dass daran schon viele Bands zugrunde gegangen sind (das jedoch ohne direkte Wertung). Ihr fangt schon wieder an mir Wörter in den Mund zu legen.

2Rhapsodeund anderen gefällt das
Kaan
Kaan
07.12.2017 13:25AdminSupporter

Natürlich ist es eine Wertung, wenn man nur die negativen Aspekte beschreibt und dabei Formulierungen wie "zugrunde gegangen" oder "kaputt gegangen" verwendet. Dass viele Bands ohne dieses System gar nicht erst in der Lage wären ein Album zu produzieren, wird dabei verschwiegen. Durch die Blume wird dabei auch vermittelt, dass die Bands wie bei einem Kredit bei einer Bank verschuldet sind. Das sind sie nicht. Natürlich wird das Label immer versuchen die Investition mit den Alben zurück zu spielen. Aber ich habe noch nie erlebt, dass ein Label hingeht und sagt "So Leute, wir haben damals 100.000 EUR in die Hand genommen und euer Album hat nur 15.000 EUR eingespielt (Anm.: durchaus realistisches Szenario). Bitte überweist uns bis zum Datum X die fehlende Differenz." Das Risiko dafür liegt beim Label.

1tobiwan42 gefällt das
stefan42
07.12.2017 13:49


Schmiddie schrieb:
Einzelne Bands profitieren sicher von Streamingdienste, da ihre Musik beworben wird - Aber genau das ist gleichzeitig das große Problem für viele andere kleine Acts: Wenn man nicht auf Streamingdienste in den Strudel der 'Empfhelungen' gerät, ist man Außen vor und hat keine Chance ein neues Publikum zu gewinnen. Während wir uns alle vor 10 Jahren über Casting Shows aufgeregt haben, die bestimmte Star-Typen generieren wollten, haben wir nun genau das selbe in grün durch Spotify. Ich persönlich verabscheue diese Entwicklung zutiefst.

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Naja das war in den so hoch gelobten 90ern aber eher noch schlimmer. Damals gab es "nur" die Werbung der Labels, sogar die Displays in den Verkaufsflächen und die "Vorhörstationen" wurden von denen bestückt (ein paar Inhabergeführte Plattenläden mal ausgenommen)
Zwar gibt es heute vielleicht weniger der großen Printmagazine um sich über neue Musik zu informieren aber in diesem Internetz dafür natürlich unmengen mehr an Informationsquellen. Und Band die jetzt nicht in "den Strudel der Empfehlungen" kommen hätten früher vermutlich nicht mal in einem der großen Läden gestanden.
Wer natürlich wirklich abgehängt wird sind neue Bands die sich gegen die Streaminganbieter entscheiden.

LustigerAstronaut
LustigerAstronaut
07.12.2017 16:22·  Bearbeitet


stefan42 schrieb:
Wenn man sich die Daten die hier so genannt werden mal anschaut sollte man die Hosen und Die Ärzte doch mal als positive Beispiele erwähnen, deren Preise steigen "relativ" moderat, DTH ich meine 2005 so ca. 35€ auf jetzt ca. 50€ (DÄ vermutlich in gleicher Region), was ja wirklich ungefähr der Inflation entspricht. Und die könnten beide bestimmt die Hälfte der Konzerte für den doppelten Preis auch los werden, wenn sie dies in den Letzten Jahren anvisiert hätten.

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Trägt nix mehr zur Diskussion bei, aber da mir Bands wie die Hosen anfangs auch im Sinn waren und es erwähnt wurde...

Die Hosen lagen bei deinem Beispiel von 2005 noch bei 23 Euro, für die Natour zahlste 55 Euro. Insofern würde ich das Loblied der "günstig gebliebenen" auch bei Bands wie den Hosen eigentlich nicht (mehr) mitsingen wollen (wobei argumentativ Preise von anno dazumal irgendwann natürlich absurd werden, ich rechne heute ja auch nicht mehr in D-Mark um... ).

FBG
08.12.2017 13:21Supporter

Mal ne Frage an die Leute, die hier beruflich bedingt bessere Einblicke haben:
Wie ist das eigentlich mit der Bezahlung von Künstler für die Konzerte?
Ist das eher "Hier, du/ihr bekommt für 5 Shows 50.000 € und fertig!" oder eher "du/ihr bekommt 5€ pro verkauftem Ticket oder 5% der Einnahmen aus dem karten VVK!"?

wahrscheinlich wird es in der Praxis beide Varianten geben, aber was ist die Regel? Oder ist es so, dass z.B. die Arena-Bands variante 1 bekommen und die Club-Bands Variante 2?

rockimpott2012
08.12.2017 13:52


FBG schrieb:
Wie ist das eigentlich mit der Bezahlung von Künstler für die Konzerte?
Ist das eher "Hier, du/ihr bekommt für 5 Shows 50.000 € und fertig!" oder eher "du/ihr bekommt 5€ pro verkauftem Ticket oder 5% der Einnahmen aus dem karten VVK!"?

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Das würde mich auch mal interessieren, was hier in welchem Bereich so der Regelfall ist. Gibt es außerdem auch die Variante, dass der Künstler eine (vielleicht relativ niedrige) Mindestgage bekommt, bei entsprechend gutem Verkauf aber prozentual an den Tickets beteiligt wird? Beispiel: garantierte Gage 2000 Euro. Jetzt werden letztlich 1000 Tickets verkauft, von denen der Künstler je 3 Euro Anteil hat = finale Gage 3.000 Euro. Fände ich aus Künstlersicht reizvoll.

Maui1305
08.12.2017 14:23

Was ich bisher so "hörte" . Bands/ Manager stellt eine Forderung: 500 000 pro Concert! Dann haben Veranstalter die Möglichkeit dies betriebswirtschaftlich durchzurechnen und den deal anzunehmen oder auszuschlagen ( In der Vergangenheit sind mehrere Veranstalter in die Insolvenz gegangen, da sich Ausgaben mit den Einnahmen nicht deckten: (Sonisphere in der CH vor ca. 10 jahren; Veranstalter der Rolling Stones in den 90 ern) Zu den Ticketeinnahem gesellen sich noch Einnahmen aus Sponsering ( Z.B. bei den Stones / ACDC kommt pro verkauftem Bier Geld in die Kasse der Band!!!) Deswegen können bei teuren Band ein Minderverkauf von nur ein paar tausend Karten ( fast oder real) der Ruin bedeuten. Siehe DEAG mit Rock im Revier!

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